Kamp-Lintfort Plätze in der Altenpflege werden knapp

Kamp-Lintfort · Vertreter von Caritasverbänden trafen sich in Kamp-Lintfort mit Politikern, um über die Situation in der Altenpflege zu informieren und zu diskutieren. Im Kamp-Lintforter Seniorenzentrum St. Josef gibt es bereits eine lange Warteliste.

 Im Kamp-Lintforter Caritas-Haus St. Josef: (von links) Helga Roth (76), Anna Klaus (103) und Jamie Künzer, der als "Bufdi" in der Altenpflege arbeitet.

Im Kamp-Lintforter Caritas-Haus St. Josef: (von links) Helga Roth (76), Anna Klaus (103) und Jamie Künzer, der als "Bufdi" in der Altenpflege arbeitet.

Foto: KLaus Dieker

Für Matthias Labza ist der demografische Wandel längst keine Theorie mehr. 70 alte Menschen stehen auf der Warteliste von St. Josef in Kamp-Lintfort, immer wieder muss der Altenheimleiter der Caritas verzweifelte Angehörige vertrösten. Die Situation werde sich deutlich zuspitzen. Daran blieb kein Zweifel bei einer Diskussion zum Thema Altenhilfe im Vorfeld der Landtagswahl. Rund zwei Dutzend Kommunal- und Landespolitiker kamen in Wellings Parkhotel nach Kamp-Lintfort. Eingeladen hatten die Caritasverbände aus den Kreisen Wesel, Borken, Coesfeld und Kleve sowie der Diözesan-Caritasverband Münster.

"Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, diesen Beruf des Altenpflegers zu stärken" meinte die ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete Marie-Luise Fasse, während ihr Kamp-Lintforter SPD-Kollege René Schneider darauf hinwies, dass es bei der Altenpflege keine Trennung zwischen Bürgern und Politikern gebe. "Warum ist es so schwer, gute, zukunftssichere Lösungen für die Betreuung unserer alten Mitbürger zu finden?", fragte Diözesandirektor Heinz-Josef Kessmann.

Dass Altenheime weitgehend überflüssig werden könnten und sich die Pflege alter Menschen in Quartieren mit ambulanten Diensten und Nachbarschaftshilfe organisieren ließe, hielt Gisela Demmer, Vorstand der Caritas Moers-Xanten, für einen "blauäugigen Ansatz". Als Ergänzung sei dies denkbar. Den Quartiersprojekten, die auch ihr Verband anstoße, fehle es an Nachhaltigkeit, wenn nach Auslaufen der Förderung nur "die Hoffnung bleibt, dass sich das von allein weiterentwickelt". Derweil kriselt es in verschiedenen Feldern der Altenhilfe, angefangen bei der Ausbildung. Anerkannt wurde in der Diskussion, dass die Landesregierung in den vergangenen fünf Jahren die Plätze in den Fachseminaren für Altenpflege von 10.000 auf 17.500 erhöht hat. Nach wie vor sei die Ausbildung der Altenpfleger aber benachteiligt gegenüber der Krankenpflege, erklärte Wolfgang Dargel, Leiter des Caritas-Bildungswerks Ahaus. Würden hier 280 Euro pro Schüler und Monat aufgewendet, seien es für angehende Krankenschwestern 430 bis 520 Euro. Das wirke sich auf die Ausstattung und Personalsituation aus. Spürbar sei, so Dargel, schon ein abnehmendes Interesse junger Menschen an der Ausbildung. Den Grund dafür konnte Stephan Baar benennen, der seit einem halben Jahr examiniert ist. Spaß mache ihm der Beruf, aber die Bezahlung empfinde er als zu gering und die Belastung aufgrund zu weniger Mitarbeiter als zu hoch. Den Fachkräftemangel mit Flüchtlingen zu lösen, sieht Dargel nur als langfristige Perspektive. Genauso wie bei den Vorschlägen, nicht mehr benötigte Bergleute und "Schlecker-Frauen" umzuschulen, gelte hier, dass nicht jeder für die Altenpflege geeignet sei. Gute Sprachkenntnisse und Gespür für die soziale Situation bräuchten zudem Zeit.

Eine Alternative zum Heim sieht die Politik in Wohngemeinschaften. Das Altenheim sieht Mathias Labza als "ungeliebtes Kind" der Landespolitik, das nur noch geduldet werde. Aber es werde noch gebraucht. Aktuell größtes Problem ist nach Meinung von Karl Döring (Caritasverband Geldern-Kevelaer) die mangelnde Zuverlässigkeit. Erst sei die Abschreibungsdauer von 50 auf 25 Jahre halbiert worden, was zu einem Bauboom geführt habe. Vor einigen Jahren sei sie wieder auf 50 Jahre angehoben worden. Hinzu komme die Forderung, bis Ende Juli 2018 eine Einzelzimmerquote von 80 Prozent zu erreichen. Zu diesen Bedingungen könne kein Altenheim gebaut oder umgebaut werden.

Die Anliegen der Caritas-Vertreter stießen auf Verständnis der Politiker. Das Problem benannte René Schneider: Die gleiche Diskussion ergebe sich mit vielen Gruppen, die mehr Geld anmahnten. Aber mehr Steuern zu fordern, werde kein Politiker im Wahlkampf fordern.

(lang)
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