Kamp-Lintfort René Schneider über Politiker und Wähler: "Wir verstehen uns nicht mehr"

Kamp-Lintfort · In seinem Blog blickt der Kamp-Lintforter SPD-Landtagsabgeordnete auf den Wahlkampf zurück, der Sonntag für die NRW-SPD mit einer Niederlage endete.

Der Landtagswahlkampf, der für die NRW-SPD mit einer Niederlage endete, scheint bei René Scheider Spuren hinterlassen zu haben. In einem Wahlkrimi war er Sonntag zwar mit hauchdünner Mehrheit von den Bürgern wieder in den Landtag gewählt worden. Tags drauf zog er in seinem Blog über seinen Wahlkampf aber ein eher unerwartet selbstkritisches Fazit und stieß damit auf eine große mediale Resonanz. "Überschrift: "Ein Wahlkampf, der mich verändert hat". Eigentlich habe er nur eine kleine Diskussion unter den Genossen anstoßen wollen, erklärte er. Gestern gaben sich die Fernsehteams bei ihm die Klinke in die Hand.

Diese Resonanz hat ihn überrascht: "Es ist keine Kritik an Wahlkämpfern. Ich bin jemand, der sich selbst hinterfragt", begründet er seinen Blog. Als wichtige Beobachtungen aus dem Wahlkampf führt er die Begegnung mit Wählern an: "Wir verstehen uns nicht mehr." So berichtet er, dass sich ein Gefühl in ihm breitgemacht habe, als gebe es eine "unsichtbare Schranke zwischen mir und den Menschen, denen ich auf Märkten und Plätzen begegnet bin". Es sei ein grundsätzliches Unverständnis. "Weil wir Politiker in unseren Filterblasen nicht mehr spüren, worum es dem anderen tatsächlich geht", erklärt er.

Als Beispiel führt er ein Erlebnis bei einer Veranstaltung an, bei der er zu Gast war. In der Kneipe hätten auch ein paar Männer am Tresen gesessen, die sich nicht dazu gesellt hätten. Später hätten sie kritisiert, nicht eingeladen worden zu sein. "Eine Veranstaltung für alle, bei der sich aber von Beginn an eine Hälfte komplett ausgeschlossen fühlte, wie mir leider erst später bewusst wurde." Für ihn, so Schneider, sei dieser Abend ein Wendepunkt gewesen. Er sei zu dem Schluss gekommen, dass alle wieder aufeinander zugehen müssten. Und dabei helfe nur das persönliche Gespräch. "Kein Internet und auch keine sozialen Medien." Die zweite These, die er aus dem Wahlkampf zieht, lautet denn auch: "Mit Online-Präsenz alleine gewinnen wir keine Wahlkämpfe. Ohne Online-Präsenz werden wir sie aber sicherlich verlieren", so der Sozialdemokrat, der seinen Wahlkreis Wesel II seit 2012 als Abgeordneter vertritt. Seine dritte These: "Der klassische Infostand auf dem Markt stirbt aus und ist an vielen Stellen bereits tot". Klüger, so teilt er in seinem Blog mit, seien Besuche von Haustür zu Haustür. So schaffe man zu seinem Gegenüber eine Vertrautheit, die "ich mit Kaffee und Kulis nur sehr viel schwerer hinbekomme". In dem Blog schreibt Schneider regelmäßig über Themen, die ihn bewegt haben.

(RP)
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