Kamp-Lintfort Schüler dreht Film-Doku über Eva Weyl

Kamp-Lintfort · Der Kamp-Lintforter Gymnasiast Victor Boldt plant eine Dokumentation über die Holocaust-Überlebende Eva Weyl. Um sein Filmprojekt zu realisieren und finanzieren, startet er vor den Ferien eine Crowdfunding-Kampagne.

 Victor Boldt beschäftigt sich schon lange mit dem Medium Film. Jetzt möchte er seine erste Dokumentation realisieren: über Eva Weyl.

Victor Boldt beschäftigt sich schon lange mit dem Medium Film. Jetzt möchte er seine erste Dokumentation realisieren: über Eva Weyl.

Foto: Klaus Dieker

Seine erste Begegnung mit Eva Weyl hat ihn tief berührt. Es war im Februar. Die Holocaust-Überlebende war am Georg-Forster-Gymnasium zu Gast und erzählte ihre Geschichte. "Es herrschte absolute Stille. Wir haben alle gebannt zugehört. Es war sehr bewegend", erinnert sich Victor Boldt. Für den 17-jährigen Gymnasiasten, der im nächsten Jahr das Abitur machen wird, stand fest: "Ich möchte eine Dokumentation über die Geschichte Eva Weyls machen."

 Die Aufnahme zeigt Victor Boldt mit Eva Weyl.

Die Aufnahme zeigt Victor Boldt mit Eva Weyl.

Foto: Boldt

Das Filmemachen ist eine große Leidenschaft des Schülers. Mehrere Kurzfilme, sagt er, hat er schon gedreht. Für seinen ersten Dokumentarfilm hatte er eigentlich schon ein anderes Thema gefunden: die Musikszene in Deutschland. Doch dann hörte er Eva Weyl zu und verwarf er das ursprüngliche Vorhaben. "Es war für mich die erste Begegnung mit einem Menschen, der den Holocaust überlebt hatte."

Eva Weyl stammt aus Kleve. Auf der Flucht vor den Nazis emigrierte die Familie in die Niederlande. Die erhoffte Sicherheit währte aber nur kurz. Als die Deutschen das Nachbarland besetzten, kam die jüdische Familie 1943 nach Westerbork. Sie wollten unbedingt zusammen bleiben. "Es war ein Durchgangslager, in dem die Menschen wie in einer Scheinwelt lebten. Sie glaubten, es würde ihnen nichts geschehen", weiß Victor Boldt. "Damals war Eva Weyl gerade sechs oder sieben Jahre alt." Tatsächlich seien jede Woche aber Listen mit Namen der Insassen erstellt worden, die in die Vernichtungslager transportiert werden sollten. Auch Eva Weyl habe auf einer dieser Liste gestanden. "An dem Tag, als sie in den Zug nach Auschwitz steigen sollte, hatte eine Staffel britischer Tieflieger das Lager beschossen. Die Namensliste muss in dem Chaos zerrissen worden sein", erzählt der 17-jährige Schüler. Eva Weyl reist heute durch Deutschland und besucht Schulen, um ihre Geschichte zu erzählen. Victor Boldt suchte per E-Mail den Kontakt zu der Holocaust-Überlebenden und stellte die Idee vor, über sie eine Filmdokumentation zu machen.

"Sie war begeistert", erzählt der Schüler. "Wir haben unsere Vorstellungen ausgetauscht. Und Eva Weyl hat ganz klare Vorstellungen", erzählt er und fügt hinzu: "Sie hielt mich zunächst für einen Lehrer." Nach einem persönlichen Treffen stand dem Projekt nichts mehr im Wege. "Sie ist ein bewegender Mensch und hat einen sehr starken Charakter", beschreibt Boldt Eva Weyl. "Der Film soll eine Ehrung ihres Lebens sein." Victor Boldt, der sich schon lange mit dem Medium Film beschäftigt und in dem Bereich auch seine berufliche Zukunft sieht, schwebt Dokumentation und Videoporträt gleichermaßen vor. Anfang der Sommerferien wird er für die Filmaufnahmen mit seinem Equipment eine Woche in die Niederlande reisen.

"Wir wollen zusammen nach Westerbork fahren", erzählt er. Kontakt zum Erinnerungszentrum hat er bereits aufgenommen. Die Mitarbeiter stellten ihm historisches Filmmaterial zur Verfügung, das in den Dokumentarfilm einfließen soll. Er hat außerdem befreundete Künstler und Musiker eingeladen, den geplanten Film audio-visuell zu begleiten. "Es wird eine subjektiv erzählte Geschichte", sagt der junge Filmemacher, der aber nicht nur das Konzept erstellte, sondern auch die Finanzierung im Blick hat. Um das Filmprojekt zu realisieren, plant er eine Crowdfunding-Kampagne. Als Plattform für sein Vorhaben wählte Boldt Startnext. "Es ist die größte in Deutschland", sagt er. 3000 Euro sollen bei der Sponsorensuche so zusammenkommen. "Ein befreundeter Musiker hat mich auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht."

Mit der Summe möchte er die Kosten für Fahrt und Herberge begleichen. Und ein gutes Mikrofon anschaffen - denn: "Ohne Sound kann man keine guten Geschichten erzählen." Einen ersten Infofilm über das Projekt hat Boldt schon auf seine Facebook-Seite gestellt. Jetzt hofft er, dass sein Film noch in diesem Herbst Premiere feiern kann.

(RP)
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