Kamp-Lintfort Zuhause mit Blick auf die Schwäne am Pappelsee

Kamp-Lintfort · Barbara Dreses Haus zählt aufgrund seiner Architektur zu den schönsten Gebäuden der Lintforter Beamtensiedlung.

 Wegziehen kommt für sie nicht infrage: Barbara Drese vor ihrem Haus, das 1922 im Stil des Backstein-Expressionismus gebaut wurde.

Wegziehen kommt für sie nicht infrage: Barbara Drese vor ihrem Haus, das 1922 im Stil des Backstein-Expressionismus gebaut wurde.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Barbara Drese ist in das Haus ihrer Kindheit zurückgezogen. "Als ich erwachsen wurde, wollte ich selbstständig sein und bin ausgezogen", erzählt die 55-jährige Sparkassen-Betriebswirtin. "2005 bin ich wieder eingezogen, um meine Mutter zu pflegen." Seitdem will sie ihren Wohnort nicht mehr wechseln. "Morgens sehe ich, ob noch alle Schwäne auf dem Pappelsee da sind", erzählt sie. "Ich kann frei auf den See blicken. Dazu ist es sehr ruhig hier. Ich habe noch nie einen gehört, der sich über Lärm beschwert hat. Gleichzeitig bin ich zu Fuß in zehn Minuten in der Innenstadt."

1972 hatten Rudi und Gerda Drese die Doppelhaushälfte erworben, die in der Nähe des Freibades an der Bertastraße liegt. "Mein Vater war Magazinverwalter auf der Zeche", berichtet Drese. "Er stand auf einer Warteliste, um ein Haus in der Beamtensiedlung zu kaufen. Als er die Möglichkeit dazu hatte, haben meine Eltern direkt zugeschlagen." So zog Familie Drese ein: Vater und Mutter, Barbara Drese sowie ihre beiden Brüder Markus und Thomas. Die architektonische Bedeutung ihres Hauses, das 1922 fertiggestellt wurde, kannten sie damals nicht. Auch konnten sie noch nicht wissen, dass es einmal als ein der schönsten Häuser der Beamtensiedlung gelten würde, um sich so zu einem beliebten Fotomotiv zu entwickeln - mit romantischen Blick vom Pappelsee.

"Erst in den letzten Jahren ist über die Beamtensiedlung geforscht worden", erzählt Barbara Drese. "Die Häuser in der Bertastraße und in der Maria-Theresien-Straße sind im Stil des Backstein-Expressionismus errichtet worden. Dieser Stil wurde in den 1920er Jahre verwendet, allerdings fast ausschließlich für Verwaltungsgebäude oder Bahnhöfe. Es gibt in Deutschland nur wenige Einzelhäuser oder Doppelhäuser in diesem Stil." Davon befinden sich gleich 14 Doppelhäuser am Pappelsee. Das sind so viele wie nirgendwo anders in der Bundesrepublik. Alle Doppelhäuser, die als typisch für die Architektur der 1920er Jahre gelten, sind verschieden. Das war auch der Anspruch der Architekten und Bauzeichner um den Markscheider Ernst Kellermann, deren Namen nicht bekannt sind. Sie spielten mit den Baumaterial Ziegel, aus dem sie Ornamente formen ließen, beispielsweise zwischen der Haushälfte von Barbara Drese und ihrer Nachbarin ein Ornament mit Dreiecken. Zusätzlich gliederten sie die Häuser mit weißverputzten Bändern und Flächen.

"Kurz nach dem Ersten Weltkrieg ist für die Ewigkeit gebaut worden", sagt die Vermögensverwalterin der Sparkasse am Niederrhein. "Die Ziegelmauern sind 40 Zentimeter. Darin befindet sich eine Luftschicht, die isoliert. So sind die Räume im Winter warm und im Sommer angenehm kühl." Die meisten Räume der Häuser sind 3,50 mal 4,50 Meter groß. Im Haus von Barbara Drese befinden sich davon sechs. Einer davon ist die Küche. Dazu kommt ein Foyer, das die gleiche Grundfläche hat, in dem die Treppe ins vollgeschossige Obergeschoss führt. Im Erdgeschoss liegt außerdem eine Toilette und im Obergeschoss ein Bad.

"In den letzten Jahren haben die ersten die Häuser in ihren Originalzustand versetzt", erzählt Barbara Drese. "Oft sind es Söhne und Töchter, die in die Häuser ihrer Kindheit zurückziehen. Sie haben Holzdielen freigelegt und abgeschliffen. Sie haben wieder die Schiebentüren eingesetzt, die Wohnzimmer und Esszimmer verbanden. Oder sie haben neue Sprossenfenster eingebaut, die die Häuser ursprünglich hatten." Die Beamtensiedlung ist wie ein großer Park um den Pappelsee herum angelegt. Sie besteht aus 70 Doppelhäusern. Die meisten davon wurden in den 1920er und 1930er Jahren vom Bergwerk "Friedrich Heinrich" gebaut, um so leitenden Angestellten mit ihren Familien nach Kamp-Lintfort zu locken. Sie ließen sich als Beamte bezeichnen, selbst wenn sie keine Staatsdiener waren. In den frühen 1970er wurden die Häuser privatisiert. Die Beamtensiedlung zählt heute zu bedeutendsten parkähnlich angelegten Siedlungen für leitenden Angestellte im Ruhgebiet - neben der Gartenstadt in Dortmund-Hörde.

(got)
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