Kamp-Lintfort Zuwanderer drücken noch mal die Schulbank

Kamp-Lintfort · Die Volkshochschule bietet am Standort Kamp-Lintfort erstmals einen Integrationskursus an. Seit Januar pauken 20 Männer und Frauen die im neuen Diesterwegforum an der Vinnstraße Deutsch.

 Kursleiterin Christiane David unterrichtet die Männer und Frauen, die aus Bosnien, der Türkei, Italien und Russland stammen.

Kursleiterin Christiane David unterrichtet die Männer und Frauen, die aus Bosnien, der Türkei, Italien und Russland stammen.

Foto: Klaus Dieker

Melisa Masic lebt seit acht Monaten in Deutschland. Und sie möchte so schnell wie möglich Arbeit finden. "Ich bin Zahntechnikerin", erzählt die gebürtige Bosnierin. Seit Januar besucht sie zusammen mit 19 anderen "Schülern" den Integrationskursus im neuen Diesterwegforum an der Vinnstraße, um ihr Deutsch zu verbessern. Die Volkshochschule bietet den Kursus erstmals an ihrem Filial-Standort in Kamp-Lintfort an.

Die Integrationskurse für Neuzuwanderer aus EU-Ländern, dauerhaft in Deutschland lebende Ausländer und Spätaussiedler gibt es bereits seit 2006. Die Zuständigkeit liegt beim Bundesamt für Migration. In der Nachbarstadt Moers finden aktuell drei Kurse statt. Die Teilnehmer in Kamp-Lintfort kommen aus Bosnien, Serbien, Italien, Polen, Russland und Sri Lanka. So unterschiedlich ihre Lebenswege sind, so haben die 20 Männer und Frauen doch ein gemeinsames Ziel: Sie wollen Deutsch lernen, um zum Beispiel einen Job anzutreten oder den deutschen Pass zu beantragen.

Die 27-jährige Melisa Masic ist im Vorteil: "Ich hatte schon neun Jahre Deutsch-Unterricht in der Schule", erzählt die junge Frau, die ihrem Mann nach Deutschland gefolgt ist. Maadezhada Sypachva fällt es nicht ganz so leicht wie ihrer bosnischen Mitschülerin. "Ich spreche Russisch und Englisch. Deutsch ist eine sehr schwierige Sprache", sagt die Russin, die seit zwei Jahren in Kamp-Lintfort lebt. "Mein Mann, den ich vor zwei Jahren geheiratet habe, ist schon seit 20 Jahren hier." Aufzugeben, das kommt für sie aber nicht in Frage. "Ich will weiter lernen und deutsche Bücher in der Originalsprache lesen", sagt die Kursteilnehmerin, die in Russland 30 Jahre lang als Verkäuferin ihren Lebensunterhalt verdient hatte. Erdigio Congin (40) kam im vergangenen Juli nach Kamp-Lintfort. In Duisburg bewarb er sich als Kranfahrer. Den Beruf hat er in Italien gelernt. "Bei der Firma in Duisburg hat man mir gesagt: Ja, wir brauchen Kranfahrer, aber wir suchen Leute, die Deutsch sprechen können", erklärt der 40-Jährige seine Motivation, den Integrationskursus zu besuchen. Und das heißt büffeln: Mit Kursleiterin Christiane David pauken die Männer und Frauen Vokabeln und Grammatik, lesen und üben Konversation. In der jüngsten Unterrichtsstunde ging es um Verkehrsmittel, aber auch ein kurzer Diskurs über das Pfingstfest war für die Schüler ein Thema. Die Teilnehmer müssen viel Zeit aufbringen, wenn sie den Integrationskurs bestehen wollen. "Wir starten in der Regel mit 18 bis 20 Teilnehmern", sagt Dr. Ulrich Steuten, zuständiger Ansprechpartner bei der VHS Moers-Kamp-Lintfort, die ihren Hauptsitz in Moers hat. "Etwa zwei Drittel halten bis zum Ende durch und legen ihre Prüfungen ab."

Die Kurse gehen über 600 Unterrichtsstunden, aufgeteilt in sechs Abschnitte mit je 100 Unterrichtsstunden. Nach dem Basiskursus (300 Stunden) findet eine Zwischenprüfung statt, nach 600 Unterrichtsstunden der Deutschtest für Zuwanderer. Im Anschluss an den Sprachkurs folgt ein 60-stündiger Orientierungskurs. Darin geht es um Landeskunde , Politik und Kultur. Der Unterricht findet an vier Tagen der Woche, jeweils von 8.30 bis 12.45 Uhr statt. Das nehmen die Teilnehmer wie Katarzyna Zylka gerne in Kauf. Die Bürokauffrau kam vor vier Jahren aus Polen mit ihrer Familie (zwei Söhne und ein Hund) nach Kamp-Lintfort. Sie sagt: "Ich möchte hier ganz normal leben und arbeiten." Das das gilt auch für Cengiz Ilter, dessen Frau als Lehrerin Türkisch unterrichtet, und Somu Gunaseelen aus Sri Lanka, der seine Heimat mit der Familie aus politischen Gründen verließ.

(RP)
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