Stadt Kempen Aaron Pilson: Ein Klavierkonzert, das staunen lässt

Stadt Kempen · Der 1995 geborene Österreicher Aaron Pilson befindet sich in einem Alter, in dem unsereins seine Schulzeit beenden durfte. Allerdings begibt er sich mit seinen 20 Jahren nicht auf die Suche nach einem Ausbildungs- oder Studienplatz, sondern beansprucht bereits einen festen Sitz im Pianisten-Oberhaus. Was er in der Paterskirche im zweiten "Klavier-extra"-Konzert vor vollen Stuhlreihen bot, ließ staunen. Pilson begann den Abend mit Johann Sebastian Bachs Französischer Suite Nr. 1. Flüssig gebunden spielte er die Allemande, flott die Menuette, etwas härter die Gigue. Mit winzigen Ritardandi strukturierte er den Vortrag der Sarabande. Nun gibt es keinen allein selig machenden Weg, Bach zu interpretieren. Vielleicht steckte dem einen oder anderen etwas zu viel Romantisches drin, das ist Geschmackssache. Souverän war sein Vortrag allemal.

Tief beeindruckt zeigte sich das Publikum von George Enescus op. 18, der Suite Nr. 3 "Pièces impromptues". Zum einen faszinierte das vergleichsweise unbekannte Werk, zum zweiten die Wiedergabe. Die Komposition lässt sich stilistisch nicht leicht in eine Schublade pressen. Sie ist angesiedelt zwischen Im- und Expressionismus, zwischen empfindsamer Romantik und flirrendem Virtuosenkonzert. Zarte Momente wechseln ab mit hymnischen, versponnene mit burlesken. Der junge Pianist spielte das Werk mit einer elektrisierenden Hingabe, man darf auch sagen mit Ekstase. Spürbar riss er das Publikum mit, das seiner Bewunderung mit kräftigem Applaus deutlichen Ausdruck gab.

Wer Klavier in der ersten Liga spielt, muss natürlich auch Chopins Etüden beherrschen. Pilsan beherrscht sie. Mit technischer Brillanz und Beachtung der musikalischen Strukturen imponierte er mit den zwölf Etüden op. 10. Hinter dem virtuosen Glanz blieb unterscheidbar, was thematische Linie und was Umspielung war. Die dritte Etüde, das einprägsame "Lento ma non troppo", nahm er recht flott und vermied damit zu große Sentimentalität. Rauschend klang das Presto der vierten, dramatisch das Allegro con fuoco der letzten, der Revolutionsetüde.

Wie schon für die Wiedergabe von Enescus Suite erhielt Pilsan auch für seine Chopin-Interpretation begeisterten Beifall. Er bedankte sich dafür mit zwei Zugaben, zunächst mit einer lyrischen Berceuse von Chopin und dann mit Präludium und Fuge Nr. 1 aus Bachs "Wohltemperierten Klavier".

(RP)
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