Stadt Kempen Arbeitskreis Asyl kämpft um krankes Kind

Stadt Kempen · Ein Zehnjähriger soll mit seiner Familie abgeschoben werden, obwohl er medizinische Hilfe braucht. Unter den am Mittwoch abgeschobenen Flüchtlingen war ein 19-Jähriger, der in Tönisvorst lebte.

 Setzen sich für Flüchtlinge ein: die Landtagsabgeordnete Martina Maaßen und Dr. Michael Stoffels vom Arbeitskreis Asyl in Kempen.

Setzen sich für Flüchtlinge ein: die Landtagsabgeordnete Martina Maaßen und Dr. Michael Stoffels vom Arbeitskreis Asyl in Kempen.

Foto: Busch/Schütz

Flüchtlinge werden am Frankfurter Flughafen in ein Flugzeug gesetzt und nach Afghanistan ausgeflogen. Deutschland schickt sie in ihr Heimatland zurück. Unter den zehn afghanischen Flüchtlingen, die am Mittwoch vom NRW-Innenministerium abgeschoben wurden, war auch ein junger Flüchtling aus dem Kreis Viersen. Denn unter den Abgeschobenen befand sich ein junger Mann, der in Tönisvorst lebte.

Gerade einmal 19 Jahre jung hatte der Afghane hier eigentlich alles getan, um sich eine Zukunft aufzubauen, berichtete gestern Dr. Michael Stoffels vom Arbeitskreis Asyl und Menschenrechte (AKAM) in Kempen. Seit 2014 lebte der junge Mann in Deutschland. Bei der Kreishandwerkerschaft hat er einen Orientierungskursus für Flüchtlinge absolviert. Da zeigte sich, dass er Fähigkeiten für Elektrotechnik hatte. Über die Kreishandwerkerschaft bekam er ein Praktikum in einem Betrieb, wo es sogar schon eine Option auf eine Stelle gab.

Stadt Kempen: Arbeitskreis Asyl kämpft um krankes Kind
Foto: Marc Schütz

Die Nachricht von der Abschiebung kam wohl überraschend, so Stoffels. Drei Tage lang saß der Mann in Büren im Ausreisegewahrsam. Mitnehmen konnte er seine persönliche Habe nicht, noch nicht einmal sein Handy. Inzwischen weiß man beim Kempener Arbeitskreis, dass der 19-Jährige in Kabul angekommen ist und sich dort in einem Camp für Flüchtlinge befindet. Von dort aus konnte er sich wenigstens telefonisch melden. Aber diese Unterkunft hat er nur für eine Woche. Was dann aus ihm wird, ist zweifelhaft, so Stoffels. Er hat keine Familie, zu der er gehe könnte, es gibt keine Perspektive für den jungen Mann. Zwar hat die Landtagsabgeordnete Martina Maaßen (Grüne) aus Viersen einen Termin mit NRW-Innenminister Ralf Jäger vereinbart, aber es besteht keine Aussicht, den Abgeschobenen zurückholen zu können.

Ein zweiter Fall beschäftigt zur Zeit den Kempener Arbeitskreis: Dabei handelt sich um den zehnjährigen Viktor. Seit 2015 kümmert sich Joachim Lasch um dessen Familie. Kürzlich wurde der Asylantrag endgültig abgelehnt. Aber Viktor leidet an einer unheilbaren, chronischen Knochenkrankheit, die ohne qualifizierte medizinische Behandlung zum Tod des Jungen führen wird. Eine Behandlung ist in seiner Heimat nicht möglich.

Die Familie hat alles getan, um sich in Deutschland zu integrieren, berichtet Joachim Lasch. Der Kempener hat ihnen eine Wohnung besorgt. Die Eltern hatten Deutsch gelernt und auch Arbeit gefunden, es schien alles gut zu gehen. Der 14-jährige Bruder von Viktor ist glücklicherweise von der Krankheit nicht betroffen, so dass sich die Eltern um ihn keine Sorgen machen müssen. Aber mit dem Abschiebebescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) änderte sich alles. Auch das Verwaltungsgericht urteilte, dass sich aus den ärztlichen Unterlagen und den bei Gericht vorgetragenen Gründen nicht ersehen lasse, dass der Junge durch ein Rückkehr in seine Heimat in eine lebensbedrohliche Situation geraten könne. Schon zynisch wirkt da der Hinweis aus verschiedenen Kreisen, in Italien ließe sich eine Operation machen. Woher solle die Familie denn das Geld nehmen, fragt sich Lasch.

Da es sich um einen endgültigen Gerichtsbeschluss handelt, hat sich Joachim Lasch nun mit einer Petition an die Viersener Landtagsabgeordnete Martina Maaßen gewandt. Die Grünen-Politikerin ist Mitglied des Petitionsausschusses im Landtag. Rund 180 Unterschriften hat der Kempener mittlerweile für die Petition gesammelt. Sogar die Mitschüler von Viktor und seinem Bruder haben sich beteiligt. Im Januar soll der Fall im Petitionsausschuss beraten werden. Damit bleibt der Familie eine kurze Frist in bangevoller Hoffnung. "Ich fühle mich persönlich angesprochen", begründet Joachim Lasch sein Engagement. Und im Moment sei er einfach nur "am Boden und voller Wut".

(RP)
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