Sozialausschuss in Kempen Asylbewerber erhalten künftig Bargeld

Stadt Kempen · Vom 1. Mai an erhalten ausländische Flüchtlinge, die in Kempen leben, grundsätzlich Bargeld. Das beschloss der Sozialausschuss am Donnerstagabend. Damit hat der jahrelange Protest des Flüchtlingsrates und der Grünen Erfolg.

Der Zustrom von Flüchtlingen, die in Deutschland Asyl beantragen wollen, ebbt nicht ab. Vor allem Flüchtlinge aus Syrien kommen derzeit verstärkt hierher. Auch die Stadt Kempen muss mehr Ausländer aufnehmen.

Der Zustrom von Flüchtlingen, die in Deutschland Asyl beantragen wollen, ebbt nicht ab. Vor allem Flüchtlinge aus Syrien kommen derzeit verstärkt hierher. Auch die Stadt Kempen muss mehr Ausländer aufnehmen.

Foto: Bandermann

Als menschenunwürdig haben die Kritiker das bisherige System stets gebrandmarkt. Doch weder die wiederholten Appelle von Dr. Michael Stoffel vom Flüchtlingsrat NRW noch die regelmäßigen Anträge der Kempener Grünen, vom Sachleistungsprinzip abzurücken und den asylsuchenden Flüchtlingen endlich Bargeld statt Gutscheinen auszuzahlen, ließen die Kempener Stadtverwaltung und die Mehrheit des Stadtrates von der über Jahrzehnte praktizierten Regelung abrücken. Seit gestern Abend ist nun alles anders. Der Ausschuss für Soziales und Senioren beschloss mit breiter Mehrheit, die Umstellung bei der "Gewährung von Leistungen für Berechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz", wie es im feinstem Amtsdeutsch heißt.

Bisheriges Verfahren war gängige Praxis

Seit zwölf Jahren erhalten Asylsuchende und so genannte geduldete Ausländer, die seit zwei Jahren in den städtischen Gemeinschaftsunterkünften leben, in Kempen einen Mix aus Geld- und Sachleistung. Als Sachleistung gilt seither die Unterkunft. Die Kosten für Ernährung und Bekleidung werden in Form von Wertgutscheinen gewährt. Dazu gibt es ein Taschengeld in bar. Die Auszahlung der Geldbeträge und die Ausgabe der Wertgutscheine für Lebensmittel erfolgt zwei Mal im Monat. Bekleidungsgutscheine gibt es für die Asylbewerber zwei Mal im Jahr.

Die Stadt Kempen hält sich mit diesem Verfahren an eine gängige Praxis, wie sie in vielen deutschen Kommunen existiert. Während in vielen Städten und Gemeinden die Abkehr vom Sachleistungsprinzip schon vollzogen ist oder zumindest diskutiert wird, war dies in der Thomasstadt bislang kein Thema. Noch im vergangenen Jahr wiegelte die Stadtverwaltung ab, wollte erst die Entwicklung auf Bundesebene abwarten.

Gutscheine sorgen für hohen Verwaltungsaufwand

Nun die Wende: In erster Linie begründet Sozialdezernent Michael Klee seinen Vorschlag, statt Gutscheinen nun Bargeld an die Flüchtlinge auszugeben, mit dem hohen Verwaltungsaufwand bei der Gutscheinregelung. Nach einem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Juli 2012 mussten die Kommunen bereits die Beträge für das Taschengeld erheblich anheben — von ehemals 50 auf jetzt 150 Euro.

Das hat viele Städte und Gemeinden dazu veranlasst, neben der Gewährung der Unterkunft komplett auf Geldleistungen umzustellen und den Asylsuchenden keine Gutscheine mehr auszuhändigen. Im Kreis Viersen gibt es neben Kempen nur noch zwei Kommunen, die an der alten Regelung mit den Gutscheinen festhalten. Das sind Willich und Nettetal. In beiden Städten wird ebenfalls über eine Abkehr von diesem System diskutiert. In Willich hat sogar die CDU den Antrag gestellt, die Verwaltung möge prüfen, ob den Flüchtlingen nicht besser Bargeld ausgezahlt werden könne.

Rhythmus soll beibehalten werden

Zurück zur bisherigen Praxis in Kempen: Sozialdezernent Klee berichtet, dass sich die Zahl der abzurechnenden Gutscheine in den vergangenen Monaten vervielfacht habe. Das Verfahren ist ohnehin kompliziert: Die Gutscheine werden nach dem Einlösen von den diversen Geschäften — bei Lebensmitteln sind das vor allem Discounter oder Supermärkte — dem Sozialamt zur Abrechnung übersandt. Danach werden die Gutscheine im Amt geprüft und die Auszahlung an die jeweiligen Geschäfte veranlasst — ein aus Sicht des Dezernenten sehr personalaufwendiges Verfahren. Das Sozialamt möchte daher ab 1. Mai grundsätzlich auf Bargeldleistungen umstellen. Asylbewerber sollen künftig auch keine Gutscheine für Bekleidung bekommen.

Der Auszahlungsrhythmus soll beibehalten werden. Das heißt: Asylbewerber erhalten zwei Mal im Monat einen Barscheck. Damit will das Sozialamt die gesetzliche Residenzpflicht der Flüchtlinge weiterhin kontrollieren.

(RP)
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