Stadt Kempen Aus dem Leben eines TV-Stars

Stadt Kempen · Die Sängerin und Schauspielerin Isabel Varell las am Montagabend im Kempener Kulturforum aus ihrem ersten Buch. Das Interesse war groß, stammt die Künstlerin doch aus der Thomasstadt. Stefan Verhasselt moderierte.

 Stefan Verhasselt moderierte den kurzweiligen Abend mit Isabel Varell im "Rokokosaal" des Kempener Kulturforums.

Stefan Verhasselt moderierte den kurzweiligen Abend mit Isabel Varell im "Rokokosaal" des Kempener Kulturforums.

Foto: Wolfgang Kaiser

Der Buchtitel "Mittlere Reife" scheint in vielfacher Hinsicht zu stimmen. Am Montagabend las Isabel Varell im Kempener Kulturforum aus ihrem ersten Buch. Die Karten für die Lesung waren im Vorfeld schnell vergriffen, schließlich ist die aus dem Fernsehen - nicht nur dem "Dschungelcamp" - bekannte Künstlerin in Kempen geboren. Und es war tatsächlich ein Heimspiel für sie, was sie auch so empfunden hat, wie sie nach der Lesung sagte. Sie habe sofort eine warme, angenehme Atmosphäre empfunden. Das gleiche Echo gab es auch mehrfach aus dem Publikum zu hören. Es war für alle Beteiligten eine Art Wohlfühl-Abend. Dazu trug auch die lockere Moderation von Stefan Verhasselt, WDR-4-Moderator und Kabarettist, bei.

Vor allem ältere Kempener im Publikum wussten, dass sich hinter dem Künstlernamen "Varell" Isabel Wehrmann verbirgt, 1961 in Kempen geboren. So konnte Mathilde Bildstein direkt eine Anekdote beisteuern. Denn sie hat für den Vater von Isabel Varell die Doktorarbeit abgetippt - damals ein beliebtes Zubrot für kleine Büroangestellte. Auch die Familie Lochner war da, die in der Nachbarschaft wohnte.

Sie nehme das Leben als Spielplatz, sagte Isabel Varell zu Beginn. Und dieser Spielplatz hat in ihrem Leben einiges bereit gehalten: Schönes, aber auch Schrammen und mehr als aufgeschlagene Knie. Diese Frau, die so fröhlich und unbeschwert daher kommt, hat sich dies offensichtlich schwer erkämpft. Die Eltern haben sich früh getrennt, die Mutter war danach vom Hass auf den Vater geprägt. Erst spät hat Isabel Varell wieder Kontakt zu ihm aufnehmen können. Eine schmerzliche Erfahrung, die sie zu dem eindringlichen Appell bringt, dass auch bei Scheidungen den Kindern nicht Mutter und Vater genommen werden sollten.

Sie galt als schwieriges Kind. In der Schule gab es schlechte Noten. Keiner hat damals erkannt, dass die kleine Isabel Legasthenikerin war. Sie selbst hat das erst mit 21 Jahren realisiert und die Lese-Rechtschreib-Schwäche inzwischen überwunden. Aber sie hat auch gelernt, darüber offen zu sprechen. Wenn sie von ihrer Kindheit erzählt, kommt wieder eine Mahnung aus eigener Erfahrung: Dass man von außen nicht erkennen könne, durch welche Hölle Kinder manchmal gehen. Bei ihr waren es nicht nur die Strafen für schlechte Noten, sondern auch, dass der geliebte Hund von heute auf morgen verschwunden war. Bis heute vermutet Isabel Varell, dass dies mit dem Hass ihrer Mutter auf alles Männliche zusammen hing.

Warum ist sie Schlagersängerin geworden? Weil Udo Lindenberg sie mit dem Lied "Cowboy nach Vegas" fasziniert hat. Und sie mit gerade mal 13 Jahren beim "JEKAMI"-Wettbewerb im Urlaub an der Ostseeküste mitgemacht hat. "Jeder kann mitmachen" lautete damals das Motto des Abends, sie hat sich getraut und die kindliche Unsicherheit abgeschüttelt. Dann hat sie einfach später immer wieder Glück gehabt. Sie bekam ihren Plattenvertrag beim Schlagerproduzenten Jack White, der ihr auch den Künstlernamen "Varell" verpasste. Später erhielt sie dann zu ihrem Erstaunen schon im fortgeschrittenen Alter eine Hauptrolle in der ARD-Serie "Rote Rosen". Die Arbeit dort sei anstrengend, aber durchaus witzig, wie sie erzählt. Die Beteiligung am "Dschungelcamp" für RTL möchte sie lieber abhaken. Damals sah sie das als Chance, Werbung für sich selbst zu machen, gab sie am Montagabend ehrlich zu. Es gebe für alle Künstler eine Spanne zwischen "Geldnot und Grönemeyer" sagte sie unter Lachen des Publikums.

Sehr kurz nur streifte sie an diesem Abend die Beziehung zu Drafi Deutscher, ein immer noch schwieriges Kapitel in ihrem Leben, wie sie sagte. Aber auch diese Erkenntnis habe sie daraus gewonnen: "Man kann wachsen an den Menschen". Da ist sie, die Mittlere Reife. Nicht Schulbildung, sondern Herzensbildung einer Frau, die ganz offen ruhig und gelassen mit Anfang 50 Rückschau auf ihr Leben hält.

Das Buch "Mittlere Reife" von Isabel Varell ist im Piper-Verlag erschienen (ISBN: 978-3-492-06036-3). Es kostet 14,99 Euro. Erhältlich in jeder Buchhandlung. Wer Glück hat, ergattert in der Kempener Thomas-Buchhandlung, die am Abend den Büchertisch betreute, noch ein vorab signiertes Exemplar.

(sr)
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