Stadt Kempen Besuchern Strukturen fürs Leben geben

Stadt Kempen · Seit 15 Jahren gibt es eine Tagesstätte für psychisch Kranke der Arbeiterwohlfahrt in Kempen.

 Bei der Feier zum 15-jährigen Bestehen (v.l.): Sozialwissenschaftler Harald Hannen, Awo-Kreisgeschäftsführer Bernd Bedronka und Physiotherapeutin Denis Nikolaus.

Bei der Feier zum 15-jährigen Bestehen (v.l.): Sozialwissenschaftler Harald Hannen, Awo-Kreisgeschäftsführer Bernd Bedronka und Physiotherapeutin Denis Nikolaus.

Foto: wolfgang kaiser

"Einige Todesfälle in meiner Familie haben mich völlig aus der Bahn geschmissen, ich war lange Zeit völlig isoliert und habe mich in meiner Wohnung eingegraben", schildert bewegt ein 52-Jähriger aus der Thomasstadt. Seit etwa sechs Jahren besucht der Kempener eine ambulante Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt (Awo) an der Kleinbahnstraße 63c in Kempen. "Ich mache hier meine Ergo-Therapie, etwas Sport und habe gelernt, wieder Menschen an mich heran zu lassen, etwas selbstständig zu werden", ergänzt er.

In der Einrichtung wurde jetzt gefeiert. Denn im September 2001, also vor 15 Jahren, hatte die Tagesstätte mit 15 Plätzen für psychisch kranke Personen in einem ehemaligen Fotolabor ihren Betrieb aufgenommen. Mittlerweile ist die Platzzahl auf mehr als 40 gestiegen, sind es 30 in Kempen, etwa ein Dutzend in einer Dependance in Lobberich. "Unser Ziel bleibt, den gehandicapten Menschen eine sinnvolle Beschäftigung und eine Tagesstruktur zu geben", sagt die Leiterin Berit Greife, die diese Aufgabe vor etwa zehn Jahren übernommen hatte. Awo-Kreisgeschäftsführer Bernd Bedronka fasst die Hilfen so zusammen: "Wir möchten erreichen, dass unsere Besucher wieder normal ihren Alltag erleben können."

Fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen der Diplom-Pädagogin Berit Greife. So führt Diplom-Sozialwissenschaftler Harald Hannen unter anderem die Gartengruppe, übernimmt Denise Nicolaus die Ergotherapie, kümmert sich Walburga Breuer um den Fahrdienst, Kunsttherapeutin Silvia Kilders-Paulsen um die Kreativ-Gruppe und um das Bücher-Café, das übrigens für jedermann jeden ersten Donnerstag im Monat von 14 bis 17 Uhr geöffnet hat.

Auch die Bücherei ist reichhaltig bestückt. Der Erlös aus dem Buchverkauf kommt wieder der Gruppenarbeit zugute. "Es wäre schön, wenn ins Bücher-Café mehr Besucher kommen würden, denn nach wie vor scheuen sich Nichtbehinderte davor, Kontakte aufzunehmen, gibt es eine Ausgrenzung, die von unseren Besuchern auch bei ihren normalen Einkäufen als zusätzliche Belastung angesehen wird", erläutert Berit Greife.

Eine Hauswirtschaftsgruppe gibt es außerdem und die regelmäßigen Fahrten und Arbeiten zu und auf einem Pferdehof. Noch ganz neu gehört eine 20-Jährige aus Krefeld zu den Besucherinnen. Auch sie muss mindestens dreimal in der Woche kommen und verschiedene Angebote nutzen. "Ich habe mich für die Ergo-Therapie, die Arbeit in Bücherei und im Garten entschieden", erzählt die junge Dame, die gerne eine kaufmännische Ausbildung machen möchte, aber selbst weiß, dass sie noch einige Defizite hat.

"Und ich möchte mal ein Spiel von Borussia Mönchengladbach live erleben", sagte der Gesprächspartner neben ihr, der bereits erwähnte 52-Jährige. "Oft bin ich sehr traurig, ich möchte gerne mein Leben verändern", meint ein 35-Jährige aus St. Tönis, die regelmäßig seit April kommt und schon erste für ihn wichtige Kontakte geknüpft hat.

Derjenige Erwachsene mit seelischen und/oder körperlichen Beeinträchtigungen, der aktiv sein möchte, gerne malt, bastelt, schwimmt oder kocht oder im Team im Garten oder auf dem Pferdehof arbeiten möchte, kann mit Berit Greife, Ruf: 02152 551640, Kontakt aufnehmen.

(wsc)
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