Gemeinde Grefrath Daniels Kampf gegen Krebs

Gemeinde Grefrath · Abiturfeiern sind für jeden Schüler, der sie erleben darf, ein ganz besonders Anlass. Daniel Knorr aus Mülhausen hat die Prüfungen an der Liebfrauenschule bestanden - obwohl er vergangenes Jahr an Krebs erkrankte.

Kindergarten, Einschulung, Übergang aufs Gymnasium – gleich mehrmals bekommen Kinder von ihrer Familie den Hinweis mit auf den Weg, das nun der Ernst des Lebens beginne. Aber so groß wie nach dem Abitur fällt der Schnitt wohl an keinem anderen Punkt aus. Der Ernst des Lebens beginnt. Jetzt wirklich. Die Wendung bekommt jedoch einen ganz anderen Beigeschmack, wenn man die Geschichte von Daniel Knorr aus Mülhausen hört.

Als Daniel die Bühne in der Aula der Liebfrauenschule betritt, um sich sein Abiturzeugnis abzuholen, wird aus dem ansonsten dezenten, aber nie überschwänglichen Applaus ein Jubelsturm. Die Menschen erheben sich. Daniel winkt in die Menge, wirft seiner Freundin und seiner Großmutter eine Kusshand zu. Es ist sein Moment – nach all den schwierigen Monaten, die hinter ihm liegen, und den noch schwierigeren, die ihm bevorstehen. Daniel hat Krebs.

Der Körper war krebsfrei

"Die Diagnose kam am 9.6.2009", sagt der 19-Jährige nüchtern. Die Ärzte hätten tumoröses Gewebe im linken Bein festgestellt. Knochenkrebs. Es folgten Chemotherapie und Operationen. In der Uniklinik Münster entfernten sie Daniel ein 25 Zentimeter langes Stück Knochen ober- und unterhalb des Knies. Die Prothese ist aus Metall. Nur die Tatsache, dass Daniel humpelt, verrät etwas über seine Erkrankung. Im Februar folgte die endgültige Entlassung. Ob er da als geheilt galt? "Man sagte mir, der Körper sei krebsfrei", erzählt Daniel. Vergangene Woche, kurz vor der Zeugnisübergabe, hatten die Ärzte keine guten Nachrichten für ihn. Der Krebs ist zurück. Ein Osteosarkom hat Metastasen in der Lunge gebildet, eine häufige Form bei Knochenkrebspatienten, besonders verbreitet im Kindes- und Jugendalter. "Jetzt folgen wieder eine Chemotherapie und zwei Operationen. Entweder bin ich dann geheilt. . ." Daniel muss schlucken.

Auch für seine Stufenkollegen stand das vergangene Jahr dadurch unter einem besonderen Stern. Jan-Philipp Harmes, Ferdinand Küsters und Philipp Petrescu sitzen mit Daniel im Büro von Schulleiter Lothar Josten. Während einer von ihnen vor dem größten Kampf seinen Lebens steht, schmieden die anderen große Pläne. Jan-Philipp, Ferdinand und Philipp haben ihr Abitur allesamt mit der Bestnote 1,0 bestanden. Alle drei zieht es in die Wirtschaft. Philipp hat sogar bereits zwei Firmen gegründet. Die "Academy for Junior Managers", ein Programm der Mülhausener Liebfrauenschule in Kooperation mit mehreren Hochschulen und der Industrie- und Handelskammer, konnte sie dafür begeistern. Daniel war auch dabei.

"Blanke Fassungslosigkeit", versucht Jan-Philipp seine Reaktion zu beschreiben, als er von Daniels Diagnose gehört hat. "Die Geschichte von Daniel erzeugt Nachdenklichkeit", sagt Schulleiter Josten. In seiner Abiturrede hat Josten seinen schwer erkrankten Schüler besonders hervorgehoben. "Seine Haltung ist für uns alle vorbildlich."

Schule baute ihn auf

Die Schule habe ihn häufig aufgebaut und abgelenkt, sagt Daniel. Klassenarbeiten durfte er zu Hause schreiben. "Ich hatte so viel Zeit, wie ich brauchte", sagt er 19-Jährige. Gezeichnet von der Chemotherapie war das kein Vorteil, sondern die einzige Möglichkeit, die enormen Nachteile irgendwie auszugleichen. "Beim Abitur hatte ich dann die Möglichkeit, Pausen einzulegen", erklärt Daniel. Doch nur einmal habe er eine Prüfung unterbrechen müssen, in Englisch.

Knapp zwei Drittel der acht Monate von Juni 2009 bis Februar 2010 hat er im Krankenhaus verbracht. "Man merkt erst, was man an der Schule hat, wenn man weg ist", sagt Daniel. Wenn er nun erneut gegen den Krebs kämpft, dann gibt es diese Ablenkung nicht mehr. Denn das Abitur hat er geschafft, mit 2,2.

(RP)
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