Kempen Das Baby im Tuch

Kempen · Tragetücher sind praktisch für die Eltern und gesund fürs Kind, sagt Iris Schmeink. Die unabhängige Trageberaterin und zweifache Mutter zeigt Müttern und Vätern, wie sie ihre Babys stabil auf Rücken, Brust und Hüfte binden.

Iris Schmeink legt Femke in das Meter lange Tuch, hebt den Stoff, der ihre Tochter umgibt, hoch. Sie hievt das sechs Monate alte Kind über ihre Schulter auf den Rücken. Dann schlingt sie die Stoffbahn um ihren und den Körper ihrer Tochter. Noch ein Knoten, und Femke hockt im Tuch und schaut sich die Welt staunend von Mutters Rücken an. Was auf den ersten Blick wie eine kleine Akrobatik-Einlage aussieht, sind wenige Griffe, die Iris Schmeink das Leben als zweifache Mutter erleichtern. „Wenn ich mein Kind auf dem Rücken trage, habe ich beim Einkaufen immer meine Hände frei“, sagt die 38-Jährige. Damit andere Mütter den Alltag mit Kind leichter meistern, gibt Schmeink als Trageberaterin Tipps: welche Tragetücher sich für wen eignen und wie Babys vor Brust, Rücken oder Hüfte gebunden werden.

Wenn das Baby fest an den Körper der Mutter gekuschelt ist, so dass alle Wirbel abgestützt sind und nicht wackeln, dann sitzt das Tuch, sagt Iris Schmeink. Der Rücken des Kleinen muss rund sein. Es muss leicht hockend sitzen, die Beine liegen in einem rechten Winkel zueinander, der Kopf ist gestützt. Wenn Femke so auf dem Rücken ihrer Mutter ist, sei das anatomisch optimal. „So könnte ich theoretisch eine Spülmaschine ausräumen, ohne dass etwas wackelt“, sagt Schmeink augenzwinkernd. Die Tragetücher probierte die Stillberaterin des Kempener Stillcafés aus, als ihre ältere Tochter Luzie (2) ein Säugling war. „Das hat nicht geklappt“, erzählt die Nettetalerin. Um sich selbst und andere fit in Sachen Tuch zu machen, ließ sie sich in einer Trageschule ausbilden. Nach zwei Kursen und einer Hausarbeit hatte sie ihre Prüfung bestanden. Die Religionslehrerin verkauft keine Tücher, bekommt keine Provision, sondern arbeitet unabhängig von den Herstellern. „Ich möchte einfach, dass das Tragen mehr Eltern ermöglicht wird, weil es so praktisch ist“, sagt sie. Schwer sei es nicht, „wenn man’s einmal raus hat.“ Es müsse einem nur jemand beibringen.

Haben Mutter und Vater den Dreh raus, sei das Tuch nicht nur für sie angenehm: „Kinder spüren so die Nähe ihrer Eltern“, sagt Schmeink. Kinder mit starken Bedürfnissen (Schreikinder) könnten so beruhigt werden. Um die richtige Technik weiter zu geben, braucht Schmeink etwa zwei Stunden. Ihre Kunden lernen an der Puppe oder am eigenen Kind. Mütter mit dem ersten Kind scheuten sich anfangs oft, das Baby auf dem Rücken zu tragen. Schmeink zeigt ihnen die Kängurutrage vor der Brust, weiß aber von Medizinern: Mit drei bis vier Monaten wollen Kinder die Bewegungen der Mutter aus der richtigen Richtung sehen. Sprich: vom Rücken oder von der Hüfte. Dann wird es Zeit für die Rucksacktrage.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort