Serie Vor 160 Jahren Das heutige Denkmal hatte wechselnde Eigentümer

Auch in den Jahrzehnten nach den Umbauten durch Baumeister Wiethase blieben die Geschicke der Burg wechselhaft. 1888 wurde das Gymnasium verstaatlicht. Bis in die frühen 1930er- Jahre blieb die Burg Staatsbesitz. Nach dem Auszug des Gymnasiums1925 folgten unterschiedliche Nutzungen als Berufs- und Knabenvolksschule (1925-1929), ferner als Bezirkszollkommissariat und zu Zwecken der Mütterberatung.

Zunehmend kam jetzt der Kreis Kempen-Krefeld ins Spiel. Seit Oktober 1929 erhielt das neue Landratsamt die Mehrzahl der Räume. Aufgrund überhöhter Preisvorstellungen der Stadt kam ein Verkauf an den Kreis nicht zustande, man verstand sich auf einen Mietvertrag, bis schließlich 1939 die Burg für 30.000 Mark an den Kreis verkauft wurde, wobei sich die Stadt im Falle einer späteren Nutzungsänderung ein Zustimmungsrecht vorbehielt.

Nur vier Jahre später erlitt die Burg schwere Bombenschäden. Sie musste vorerst geräumt werden. Nach Kriegsende zogen die Alliierten in die Burg ein, ab April 1945 wieder die Kreisverwaltung.

Bis zum Bezug des neu errichteten Kreisgebäudes in Viersen blieb das hochkarätige Baudenkmal, das inzwischen mehr als ein halbes Jahrtausend erlebt hatte, Sitz des Oberkreisdirektors und seiner Verwaltung. Auch fortan war sie Gegenstand planerischer Überlegungen. Am 21. Juli 1953 fiel zunächst das Dachgeschoss einem Brand zum Opfer.

Für die Kreisverwaltung erwies sich die Burg schon bald als hoffnungslos zu klein. Verschiedene Pläne zu Erweiterungsbauten an der Burg kamen nicht zur Ausführung. Insbesondere der 1955 veröffentlichte Plan, "die Burg im Sinne der früheren Gestaltung wieder als geschlossene Burganlage mit Innenhof um einen rechtwinkeligen Neubau im Nordosten zu ergänzen" wurde verworfen (Schulte). Erfolgreichen Widerstand gegen die mit solchen Vorhaben verbundene Vernichtung der Grünanlagen leistete der damalige Bürgermeister Mathias Hoogen, der später als Bundestagsabgeordneter und Wehrbeauftragter bundesweit bekannt wurde. Ein 1960 errichteter Verwaltung- und Sitzungsneubau neben dem Franziskanerkloster beseitigte für die nächste Generation die Raumnot.

Und heute, knapp 70 Jahre später, bleiben Schicksal und Nutzung der einst vom Kölner Kurfürsten errichteten Kempener Burg mit einigen Fragezeichen versehen. Stadt Kempen und Kreis Viersen werden über eine Übernahme durch die Stadt verhandeln. Noch viele Verwaltungsakten werden dafür entstehen, die in weiteren 100 Jahren im Kreisarchiv zu finden sein werden, das noch bis Anfang 2021 in der Burg untergebracht ist.

(prof)
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