Kempen Das rheinische Universum nach Oedt gebracht

Kempen · Der rheinische Charme von Konrad Beikircher kommt auch am Niederrhein an: Zwei Stunden lang unterhielt der Bonner Kabarettist das Publikum in der Albert-Mooren Halle mit dem aktuellen Programm "Bin völlig meiner Meinung".

 "Ich bin völlig meiner Meinung!" Und die teilt Konrad Beikircher seinem Publikum mit, "ejal, worum et jeht": Musik, Kirche, Heilige, Sprache, Alltag, Rheinland, Deutschland, Italien, Zukunft oder Vergangenheit.

"Ich bin völlig meiner Meinung!" Und die teilt Konrad Beikircher seinem Publikum mit, "ejal, worum et jeht": Musik, Kirche, Heilige, Sprache, Alltag, Rheinland, Deutschland, Italien, Zukunft oder Vergangenheit.

Foto: Christoph Reichwein

Verwirrung und positive Überraschung erlebte Konrad Beikircher am Wochenende am Niederrhein. Verwirrung, weil Oedt "Öd" ausgesprochen wird. "Warum habt ihr kein Dehnungs-E wie Soest oder Straelen?" fragte der gebürtige Südtiroler, der seit 50 Jahren in Bonn lebt, das Publikum. Positive Überraschung, weil er nach der "nicht gerade opulenten Einfahrt" zur Albert-Mooren-Halle, wie Beikircher es formuliert, nicht mit einem "so fulminanten Veranstaltungsort" gerechnet habe.

Den Oedtern und auch dem Rest des 350 Personen zählenden Publikums gefällt der Lokalbezug, den Beikircher im Laufe des Abends immer wieder in sein Programm einbaut. Beispiel: "Die Menschheit ist am Niederrhein und in Ostfriesland entstanden, denn in der Bibel steht: 'Am Anfang war es öd und leer." Oder: "Da ist man Viersen vorbei und fragt sich, was da noch kommen soll, und dann entdeckt man diese tolle Oedter Philharmonie."

Beikircher ist wie immer bester Laune und der Funke springt schnell auf das Publikum über. Auch wenn der rheinische Sprachduktus sich doch deutlich vom niederrheinischen unterscheidet, können die Zuhörer dem Programm "Bin völlig meiner Meinung" gut folgen. Außerdem erweisen die Oedter Gäste sich als erstaunlich textsicher, als Beikircher, von Haus aus Musiker, den rheinischen Humor anhand von einigen Karnevalsschlagern erklärt und es innerhalb kürzester Zeit schafft, dass 350 Leute mitten im Mai "Em Winter, da schneit et, em Winter eß et kalt" singen.

Auch "In Afrika ist Muttertag" und "Mer losse d'r Dom in Kölle" werden begeistert mitgesungen und mitgeklatscht. "Da sehen Sie das Besondere am rheinischen Humor: Kein Mensch käme auf die Idee, 'Wir lassen die Dolomiten in Südtirol' zu singen", sagt Konrad Beikircher und erntet dafür viele Lacher. Überhaupt wird viel gelacht an diesem Abend in der Albert-Mooren-Halle. Das Programm des Kabarettisten, der mit viel Liebe und freundlichem Spott auf die Eigenarten der Rheinländer schaut, ist wie alle Programme des Bonners in den vergangenen 30 Jahren ein Selbstläufer.

Auf die lange Zeit, die der heute 69-Jährige schon auf der Bühne steht, nimmt Beikircher Bezug, als er seine legendäre Bäckersgattin Frau Roleber mit der inzwischen im Altersheim wohnenden Frau Walterscheid telefonieren lässt. Die Zuhörer erfahren, dass der Gatte mittlerweile verstorben ist. "Wir waren 50 Jahre verheiratet, irgendwann ist es ja auch mal gut", lässt Beikircher Frau Roleber sagen. Nach 50 Jahren wisse man, was der Mann sagt, wann er es sagt und warum er es sagt.

Zwischendurch schweift Beikircher in gewohnter Manier immer wieder ab, etwa zum katholischen Glauben, dem im Rheinland natürlich einzig wahren Glauben, der die geniale Einrichtung der Beichte habe. "Die ganze Woche kannste machen, was Du willst, und samstags schütteste dem Pastor den ganzen Driss vor die Füße. Der kehrt alles zusammen und entsorgt den Müll für Dich und Du gehst mit weißer Weste wieder raus." Die Protestanten hingegen seien arm dran, die müssten alles mit sich selber ausmachen. "Und ich finde, das sieht man denen auch an", sagt Beikircher, "jawoll, da bin ich völlig meiner Meinung."

(WS03)
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