Stadt Kempen Das Schreckensszenario am Industriering war nur eine Übung

Stadt Kempen · Malteser, THW, Rotes Kreuz und die Kempener Feuerwehr nahmen am Gründonnerstag an einer Großübung teil: Ein Reisebus war unter anderem mit einem Gefahrguttransporter zusammengestoßen.

 Die Rettungskräfte mussten sich bei der Großübung um 37 Leicht- bis Schwerverletzte kümmern.

Die Rettungskräfte mussten sich bei der Großübung um 37 Leicht- bis Schwerverletzte kümmern.

Foto: Wolfgang Kaiser

Ein schreckliches Szenario in der Kreuzung am Industriering Ost/Schauteshütte: Vier Fahrzeuge, darunter ein voll besetzter Reisebus, zwei Autos und ein Tankwagen mit einem hochgiftigen Pestizid sind zusammengestoßen. Glücklicherweise gibt es keine Toten, wohl aber 37 Verletzte. Gott sei dank ist dies nur eine Übung. Eine Übung, die sehr echt aussah. Um 20.17 Uhr kam am Gründonnerstag das erste Rettungsfahrzeug der Feuerwehr an der Unfallstelle an.

Etwa 20 Minuten später standen an den Zufahrtsstraßen über 25 Fahrzeuge, darunter Krankenwagen der Malteser. Der Kreisleitstelle waren zunächst nur mehrere Verletzte gemeldet worden. Aufgrund der Vielzahl der Unfallopfer musste dann der sogenannte MANV ausgelöst - der Massenanfall von Verletzten. Mit dabei der Kempener Löschzug der Feuerwehr, der Malteser Hilfsdienst (MHD), das Rote Kreuz und das Technische Hilfswerk (THW).

 Mitglieder der Jugendfeuerwehren aus dem Umkreis mimten bei der Übung die Fahrgäste des verunglückten Busses.

Mitglieder der Jugendfeuerwehren aus dem Umkreis mimten bei der Übung die Fahrgäste des verunglückten Busses.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Ehe die Rettungsfahrzeuge an der Unfallstelle eintrafen, hatte Michael Stiels mit seinem Nettetaler Team der "Realistischen Unfall Darstellung" ganze Arbeit geleistet. Die "Unfallopfer" wurden geschminkt. So lag Thomas Gorzitza bewusstlos über dem Steuer eines ausrangierten Renault. Er hatte eine große Wunde an der Stirn und ein stumpfes Bauch-Trauma; Beifahrerin Monique Stiels hatte Verbrennungen im Gesicht und Armverletzungen.

"Holt doch endlich mal die Kinder aus dem verqualmten Bus", sagte einer der Schaulustigen, der wohl von der Übung nichts wusste. Im Bus, den das Feuerwehr-Ausbildungszentrum NRW zur Verfügung gestellt hatte, saßen junge THW-Kräfte sowie viele Mitglieder der Jugendfeuerwehren. Michael Stiels beruhigte vorab die jungen Leute: "Rennt nicht wahllos raus, wenn es gleich neblig wird, sondern wartet, bis man auch rausholt. Und wem es wirklich schlecht wird, der ruft laut ,Realfall'." Der trat glücklicherweise nicht ein. Denn die jungen Leute mussten relativ lange auf ihre "Rettung" warten. Dazu Kempens Löschzugführer Michael Nagels: "Im Ernstfall hätten wir die jungen Leute früher rausgeholt, aber wir wollten warten, bis die Erstversorgungszelte aufgebaut waren. Wir wollten die verletzten Personen nicht draußen auf den kalten Rasen legen."

Seit Jahren führen die Malteser des Kreises Viersen mit dem THW am Gründonnerstag ihre Übungen durch. Erstmals wurde daraus eine Großübung mit der Feuerwehr Kempen und dem Kreis-DRK mit seiner Bereitschaftsleiterin Christiane Vieth. Obwohl die Einsatzleitung in ihrer mobilen Führungszentrale vor Ort war, wurde auch von der rund 300 Meter entfernten Wache an der Heinrich-Horten-Straße viel koordiniert.

Die Einsatzkräfte mussten beweisen, dass sie sich nicht nur in der Personenrettung oder in der Brandbekämpfung auskennen. Die Abschnittsleiter kannten im Detail das Unfallszenario vorher nicht. Zumal in den Unfall auch ein Fahrzeug mit Gefahrgut verwickelt war. Was wäre wirklich passiert, wenn das flüssige Gift ausgelaufen und in das Kanalnetz gelangt wäre? Kempens Wehrführer, Franz-Heiner Jansen: "Zum einen würden wir sofort in Zusammenarbeit mit dem Tiefbauamt Teile des Kanalnetzes sperren. Zum anderen können wir selbst von außen Dichtkissen auf die Schächte legen, das Gefahrgut würden wir dann erst in unsere speziellen Edelstahlbecken und von dort in größeren Tanks leiten."

Die Rettungskräfte waren gleich an mehreren Stellen im Einsatz. So mussten parallel Kfz-Brände mit Wasser und Schaum gelöscht werden. MHD-Sanitäter trugen mithilfe des DRK die Verletzten vorsichtig hinaus, stellten mit Arzt Tim Robens die Art und Schwere der Verletzungen fest. Da die Kreuzung ausgeleuchtet war, brauchte das THW mit seinen Ortsvereinen aus Kempen und Nettetal das gesamte Beleuchtungs-Equipment nicht aufzubauen.

Die Einsatzleitung hatten Kevin Rheinfelder (MHD), Michael Nagels (Feuerwehr), Christiane Vieth (DRK) und Jörn Pachel (THW, Ortsvereins Nettetal). Sie konnten sich auf ihre Abschnittsleiter verlassen, darunter unter anderem Michael Bayer (GSG), Dietmar Vander (Transport und Organisation), Oliver Schoofs (Rettungsdienst) und Christoph Gehlmann (Bereitschaft).

Hinterher gab es eine kurze Lagebesprechung und eine Manöverkritik. "Die Zusammenarbeit der verschiedenen Organisationen hat auch funkmäßig nach anfänglichen kleinen Problemen sehr gut geklappt", sagte Löschzugführer Michael Nagels. In Anbetracht der verschiedenen Einsätze und Szenarien sei sicherlich noch einiges verbesserungsfähig. Insbesondere, so Nagels, das Erkennen der richtigen Vorgehensweise und Prioritäten gleich zu Beginn der Übung. Aber es sei schließlich der Sinn solcher Einsätze, daraus Schlüsse zu ziehen, um im Ernstfall effektiv zu arbeiten.

(RP)
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