Gemeinde Grefrath Der Niedergang

Gemeinde Grefrath · Grefraths Problem ist die jahrzehntelange, einseitige Abhängigkeit von der Großindustrie. Früher war es Textil, heute die Automobilbranche. Die Niersgemeinde verlor in drei Jahrzehnten rund 3000 Arbeitsplätze.

Wer in den letzten Wochen durch Grefrath ging und sich mit den Menschen unterhielt, der hörte immer wieder einen Satz: „Wieder einmal hat es uns getroffen. Warum nur ?“ Die Antwort ist rasch gefunden: Fakt ist, dass Grefrath sich zum wiederholten Male von einer Branche abhängig gemacht hat. War es vor einigen Jahren die Textilindustrie, die inklusive Grevelour und Girmes in den Ruin schlidderte, so ist es heute die Automobillbranche mit den Zulieferern Henniges und Johnson Controls. Hinzu kamen die unkorrekten Machenschaften der Firma Balsam. Grefrath fehlte in den letzten Jahrzehnten ein Mix aus verschiedenen Branchen, um den Stellenabbau vielleicht ein wenig abzufedern. Als es der Textilindustrie noch gut ging, blühten Grefrath und Oedt. Nicht von ungefähr entstanden sportlichen Neubauten wie Freibad, Hallenbad und Turnhalle. Die Landesgartenschau fand in Grefrath statt, das Eisstadion entstand, in Oedt die Albert-Mooren-Halle. Seit dem 18.Jahrhundert gab es in Grefrath Leinenweber. Die Entwicklung der Eisenbahn (Grefrath und Mülhausen) und des Schluff (Oedt) waren förderlich für die Textilindustrie. Die Firma Berger (in den Räumen ist heute Johnson Controls) war die erste Grefrather Weberei und hatte in den 30er Jahren 350 Beschäftigte, bevor 1947 das Aus kam.

Blütezeit bei Grevelour

Ab 1955 kamen die Automobilzulieferer, zunächst die Firma Müller, später Fibrit. Sie stellte Fibrit her, eine unter Druck verformte Holzfasersuspension. 90 Prozent der Produktion gingen in die Automobilindustrie. Über 300 Menschen hatten hier ihren Arbeitsplatz. Es folgte Johnson Controls, das in der Blüte auch rund 800 Beschäftigte zählte. Die Grevelour begann als Firma Schwartz & Co. und hatte in ihrer Blütezeit 1000 Beschäftigte. Die Firma Mäurers, die vor 100 Jahren gegründet wurde, hatte stets rund 200 Mitarbeiter, von denen nun noch 60 in Grefrath bleiben werden. Auch die jetzt in Schwierigkeiten stehende Firma Henniges (früher Draftex und GDX) hatte in ihrer besten Zeit in Grefrath bis zu 1200 Angestellte. Noch sind es rund 800.

Die Oedter Weber

In Oedt dominierte seit 1794 das Weberhandwerk. 1879 wurde die Firma Girmes gegründet. Da gab es zusätzlich in den Haushalten schon rund 650 Samt-und Seidenhandwebstühle. Bei rund 5500 Einwohnern war Girmes in der Blütezeit mit mehr als 1000 Arbeitplätzen eine mehr als „feste Größe“ im wirtschaftlichen Leben. Beim Bau der Oedter Schule am schwarzen Graben vor mehr als 40 Jahren hatte die alte Gemeinde Oedt bei der Finanzierung von rund vier Millionen Mark die Hälfte aus Eigenmitteln und einem Darlehen aufgebracht.

Fazit: Die Gemeinde Grefrath hat in den letzten 30 Jahren rund 3000 Arbeitsplätze verloren. Eine traurige Zahl. Frage des Tages

(RP)
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