Stadt Kempen Der Reiz der Partnerschaft verblasst

Stadt Kempen · Die Stadt Kempen unterhält vier Städtepartnerschaften. Die Kontakte von offizieller Seite sind zuletzt deutlich zurückgegangen. Die RP macht in einer kleinen Serie eine Bestandsaufnahme. Heute geht's um Orsay.

 Schüler aus der französischen Partnerstadt Orsay besuchen regelmäßig Kempen. Sie kommen im Rahmen des Austauschs mit den hiesigen Schulen in die Thomasstadt.

Schüler aus der französischen Partnerstadt Orsay besuchen regelmäßig Kempen. Sie kommen im Rahmen des Austauschs mit den hiesigen Schulen in die Thomasstadt.

Foto: Ralph Braun / Stadt Kempen

Für den Herbst will Kempens Bürgermeister Volker Rübo seine Amtskollegen aus Wambrechies, Orsay und dem sächsischen Werdau einladen und mit ihnen vor allem darüber sprechen, wie die Städtepartnerschaften belebt werden können. An sich ist Kempen sogar vier partnerschaftliche Bündnisse eingegangen. Aber seit mehr als drei Jahren gibt es aus dem englischen East Cambridgeshire District keinerlei Impulse mehr, nachdem dort das Budget für die Partnerschaftsbegegnungen fast auf Null heruntergefahren wurde. Die Rheinische Post hat sich zum Stand der Dinge in Sachen Städtepartnerschaften umgehört. Zu Beginn einer kleinen Serie geht es um Orsay, einer rund 16 000 Einwohner zählenden Stadt im 520 Kilometer entfernten Département Essonne.

"Heutzutage ist es einfacher, eine Partnerschaft mit Buenos Aires einzugehen als mit einer Stadt in Frankreich, weil da ständig die Leute hinfahren. Vor vier Jahrzehnten war dies noch etwas Besonderes", sagt Kempens Vize-Bürgermeister Otto Birkmann. Der 72 Jahre alte CDU-Ratsherr weiß, wovon er spricht: seit Jahrzehnten begleitet er die Partnerschaften, führt auch seit mehr als 25 Jahren den Arbeitskreis "Städtepartnerschaft" - erst als Stellvertreter dann als Vorsitzender an. Sein Wunsch, speziell auch auf Orsay gemünzt: "Dass sich die Jugend aus Kempen und aus unseren Partnerstädten wieder mehr trifft."

Meist war es der Sport, der früher die Menschen aus den verschiedenen Ländern zusammenbrachte. Dies trifft auch auf Orsay zu. Hier waren es Schwimmer des SV Aegir, die in den 1970er Jahren die ersten Kontakte mit dem dortigen Schwimmverein knüpften. An den Wettkämpfen nahm damals auch noch die englische Partnerstadt teil. Einer der Brückenbauer war der damalige Vize-Bürgermeister Hans Janßen. Offiziell wurde die Partnerschaftsurkunde am 20. Mai 1973 unterschrieben und im Juni 2013 in Orsay das 40-jährige Bestehen gefeiert. Damals wurde beim Festakt eine Park-Allee in Orsay in "Allée de Kempen" umbenannt. Eine Rue de Kempen gibt es auch, außerdem in Kempen eine Orsaystraße.

In den Jahren zuvor sind sich unter anderem Sportler, Musiker oder Künstler begegnet, fanden und finden nach wie vor Schüleraustausche statt - vor allem vom Luise-von-Duesberg-Gymnasium. Nahezu regelmäßig kommen viele französischen Freunde zum großen Martinsfest nach Kempen, aber nicht mehr so viele wie zu den Anfängen. "Die Hauptzeit der Partnerschaften ist vorbei, es hat sich verschoben", sagte Ralph Braun, der bei der Kempener Stadtverwaltung für die Partnerschaften zuständig ist. Und Ralph Braun meint weiter: "Als ich 1994 mit dieser Arbeit anfing, waren es zwischen 40 und 50 Treffen im Jahr. Mittlerweile sind wir froh, je Partnerschaft zwei Begegnungen zustande zu bringen."

Woran das liegt? Sicherlich auch an den "Kümmerern" und dem Engagement der Menschen vor Ort. So ist auch die eine oder andere private Initiative entstanden - wie die der Kempenerin Heidi Grochtmann. Die frühere SPD-Stadtverordnete war damals begeistert von den Schüleraustauschen, für die unter anderem ihr inzwischen verstorbener Ehemann oder Karin Scheele verantwortlich waren. Heidi Grochtmann kann sich noch gut an ein Gespräch mit der Orsayer Lehrerin Danielle Lavollee erinnern, die 2003 über zu wenig Unterstützung der Partnerschaft durch die damalige Orsayer Bürgermeisterin geklagt hatte. "Wir mussten selbst was tun und haben dann erste Kontakte geknüpft", sagt Heidi Grochtmann.

Mit dem Ergebnis, dass sich seit dieser Zeit regelmäßig und im Wechsel an den Pfingst-Wochenenden Familien, Ehepaare oder Alleinstehende aus Kempen und Orsay zu verschiedenen Unternehmungen treffen. So waren in diesem Jahr 16 Kempener in Frankreich, darunter auch Johannes und Karin Scheele. Zu Pfingsten 2015 kommt in etwa die gleiche Zahl von Franzosen nach Kempen.

Heidi Grochtmann ist jedes Mal, wenn sie aus Orsay zurückkommt, begeistert: "Die Lebensfreude und die Gastfreundschaft der Franzosen sind einmalig." Die Kempenerin freut sich über jeden Interessenten, der dem Orsay-Freundeskreis beitreten möchte. Seit kurzem neu dabei sind unter anderem die Flachland-Bouler Kempen.

(wsc)
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