Stadt Kempen Ein Hypochonder macht "Ferien auf Sagrotan"

Stadt Kempen · Ingo Börchers gastierte im St. Huberter Forum. Der sprachgewaltige Kabarettist hatte viel zu erzählen.

Wenn es einmal wirklich keimfrei auf der Bühne des Forums St. Hubert zuging, dann jetzt beim Auftritt von Ingo Börchers. Denn hier plauderte der Kabarettist über seine "Ferien auf Sagrotan". Sein Desinfektionsmittel hat er immer bei sich, ebenso Tücher für unterwegs. Börchers ist nämlich bekennender Hypochonder. So lud er sein Publikum auf eine Reise zwischen Krankheiten und Keimfreiheit ein und widmete sich außerdem dem ganz alltäglichen Leben mit seinen Gefahren.

Dabei entpuppt er sich nicht nur als ein Sprachzauberer, wenn er in atemberaubenden Tempo mit Worten um sich wirft, sondern auch als scharfsichtiger Beobachter. Da kommt er von Donald Trump auf kleinen Umwegen zur Vogelgrippe. Warum habe der Mann nicht Stallpflicht, wie könne man den aufs Volks loslassen, fragt er sich. Faszinierend empfindet er Facebook, denn da kann man Bekannte einfach entfernen. Er denkt schon darüber nach, wie man das im realen Leben doch auch machen könnte.

Wunderbar, wie er erzählt, dass sich seine Frau samt neugeborenem Baby nun auf Campingurlaub spezialisiert hat. Ihm als Hypochonder ist sowohl das Grillen vor dem Campingbully als auch die sanitären Anlagen natürlich ein wahrer Graus. So wie er das schildert, hat man sofort die passenden Bilder vor Augen. Nein, er hat überhaupt kein Verständnis für Campingfreunde. "Wer haut schon Heringe in den Boden, ohne dass es dazu Pellkartoffeln gibt."

Börchers hat aber auch eine grundlegende Entdeckung gemacht. Denn wer Dinge auf morgen verschiebt, sei zukunftsorientiert. Schon wieder so feine wunderbare Wendung, für die er Applaus erntet. Da er ja gerne Ärzte besucht, nimmt er die gleich mit aufs Korn. Schließlich sei man heute als Patienten hervorragend über das Internet informiert. Also wisse man eigentlich schon, warum es irgendwo zwickt. Er wünscht sich mehr Sozialkompetenz bei Ärzten. Es gebe zwar Schweigepflicht, aber es wäre doch schön, wenn Ärzte wenigstens mit ihren Patienten reden könnten. Und dann die Auswahl der Bilder in den Wartezimmern - denkbar schlecht, findet der Hypochonder. Edvard Munchs "Der Schrei" passe nun wirklich nicht zum Zahnarzt.

Genauso nimmt er sich des Themas Keime an. Schon bei der Erwähnung braucht er mal wieder sein Sagrotan. All das, was über die Toiletten übertragen wird, schildert er ausgesprochen bildhaft. Dass es Urinale gibt, wo ein Fußball das richtige Zielen erleichtern soll, das gehe ja noch an. Aber wie schafft man es, sich die Hände zu waschen, wenn doch schon jede Menge Männer vor einem den Wasserhahn benutzt haben, ebenso den Seifenspender. Und kaum ist dies Problem gelöst, geht ein anderer aus der Toilette hinaus, ohne sich die Hände zu waschen. Jetzt ist also auch der Türgriff noch verkeimt. Da hilft wieder nichts anderes als der Griff zum Sagrotan.

Börchers ist ein wirklich rasanter Typ, wie er da pausenlos auf sein Publikum einredet. Es ist alles klug und sehr gut durchdacht, was er sagt. Ganz am Ende nach einer kleiner Zugabe konnte er es sich nicht verkneifen dem Publikum noch einen ernst gemeinten Rat. Wählen gehen, damit es in Deutschland keine böe Überraschung gibt.

(sr)
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