Gemeinde Grefrath Eine Käserundfahrt um den Niershorst

Gemeinde Grefrath · Den Traum vom Fliegen realisiert der Luftsportverein Grenzland seit mehr als 60 Jahren. Er bildet erfolgreich in Sachen Segel- und Motorsportfliegerei aus.

 Bevor es in die Luft geht, müssen die Sicherheitschecks gründlich absolviert werden.

Bevor es in die Luft geht, müssen die Sicherheitschecks gründlich absolviert werden.

Foto: Wolfgang Kaiser

Ein letztes Nachziehen am Fallschirm, dann steigt Hendrik in die Twin III ein, wo schon Segelfluglehrer Bernd Lohberg auf dem hinteren Sitz angeschnallt auf ihn wartet. Mithilfe von Tobias schließt der 15-Jährige den Vierpunktgurt, um danach mit dem Startcheck zu beginnen, den Lohberg aufmerksam verfolgt. Indes verankert der 17-jährige Tobias das Schleppseil an der Maschine. Die Kunststoffkuppel wird geschlossen, und der Flugmann am rechten Flügel hebt die Hand - das Zeichen für den Start. Das Seil spannt sich, und Sekunden später ist der Segelflieger in der Luft, steigt ruhig höher und geht in die erste Kurve der Platzrunde, während das ausgeklinkte Seil langsam zu Boden schwebt.

"Henrik ist gerade zur Käserundfahrt gestartet", bemerkt Torsten Beyer, Geschäftsführer des Luftsportvereins Grenzland. Die Runden um den Grefrather Flugplatz Niershorst haben schon vor Jahren den witzigen Namen bekommen. Während die Twin III schon nicht mehr zu sehen ist, bereitet das mehrköpfige Team am Boden den nächsten Start vor. Lines, ebenfalls 15 Jahre alt, geht mit der KA8 auf einen Alleinflug, wobei er heute offen fliegt und sich bei seiner Käserundfahrt den Wind um die Nase wehen lässt. "Mit 14 Jahren können Jugendliche bei uns die Segelflug-Ausbildung beginnen, wobei die Lizenz zum Fliegen mit 16 Jahren erworben werden kann", informiert Beyer, der selbst auch als Fluglehrer aktiv ist. Doch egal, ob jemand in jungen Jahren startet oder als Erwachsener: Für alle steht viel Lernen auf dem Programm.

Fliegen ist die Sportart, die im öffentlichen Verkehrsraum stattfindet. Das Luftverkehrsgesetz gilt für alle, egal ob Segelflieger oder Jumbopilot. Entsprechend komplex ist die theoretische und praktische Ausbildung. Zur Theorie gehören so unter anderem Luftrecht, Meteorologie, Technik, Aerodynamik, Navigation, das Verhalten in besonderen Fällen und das Funksprechzeugnis. "Im Prinzip kann jeder das Fliegen lernen, wenn die Voraussetzungen stimmen", sagt Fluglehrer Helge Schulz zur Wiesch. So muss vor dem ersten Alleinflug das sogenannte Medical gelaufen sein. Dahinter verbirgt sich eine Untersuchung durch einen Flugarzt, der die Flugtauglichkeit überprüft. Ein Sehtest - Brille ist kein Hindernis -, Untersuchungen des Herz-Kreislaufsystems, des Gleichgewichts und der Koordination gehören mit zur Untersuchung. Ein Ausschlusskriterium ist eine Diabeteserkrankung. Motorflieger müssen zudem eine Zuverlässigkeitsprüfung ablegen. Ein Auszug aus dem Verkehrsregister in Flensburg sowie ein polizeiliches Führungszeugnis runden die Voraussetzungen ab. "Das Medical wird zwar erst vor dem ersten Alleinflug benötigt, wir legen es aber allen Fluginteressierten ans Herz, dies direkt zu machen", sagt Beyer. Wer die Fluglizenz dann nach viel Theorie und Praxis, wozu natürlich auch etliche Starts und Landungen im Alleinflug gehören, angeht, der muss sich allein auf eine fünfstündige theoretische Prüfung vorbereiten, die in Düsseldorf abgelegt wird. Neben den Fragen gilt es zudem eine Navigationsaufgabe zu berechnen. Das Funksprechzeugnis hingegen wird in Köln gemacht.

Inzwischen ist die Twin III wieder in Sichtweite. Hendrik bereitet den Landeanflug vor. Nur ein leichtes Surren ist zu hören, dann setzt Henrik den Segelflieger gekonnt auf der Rasenfläche auf. "Eine Landung wie aus dem Bilderbuch", lobt Beyer. Auch Lohberg sieht zufrieden aus, als er gemeinsam mit seinem Flugschüler an den Startplatz zurückkehrt, während der Segelflieger per Traktor zurückgezogen und wieder in die Startposition geschoben wird. Jetzt steht der Alleinflug von Hendrik an. "Es ist mein vierter Alleinflug. Gestern waren meine ersten drei Alleinflüge um den Platz. Es war einfach nur cool. Ich habe mich so auf meinen ersten Alleinflug gefreut. Fliegen war als Kind schon mein Traum", erzählt der 15-Jährige mit vor Begeisterung leuchtenden Augen.

Genauso sorgfältig wie beim vorausgegangenen Start erfolgt der erneute Startcheck. Lepo I, wie der Seilwagen heißt, hat inzwischen die beiden Starterseile zum Startplatz zurückgezogen. "Wir haben zwei Starterseile an der Winde. Das heißt, nach zwei Starts geht Lepo I in den Einsatz", erklärt Beyer. Das gleiche Prozedere wie zuvor läuft ab, dann gleitet Hendrik erneut durch die Lüfte. Das Segelfliegen ist dabei ein bezahlbarer Sport. Ein Jugendlicher bis 25 Jahre zahlt einen Monatsbeitrag von 25 Euro, dazu kommen pro Windenstart 3,50 Euro und je nach Maschine elf bis 20 Cent pro Flugminute. Eine Platzrunde dauert vier bis fünf Minuten. Bevor der erste Alleinflug in Sachen Käserundfahrt ansteht, liegen allerdings hinter jedem Segelflugschüler 40 bis 60 Starts mit Fluglehrer.

(tref)
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