Interview: Serie 50 Jahre Realschule In Kempen (3) Eine Schule in der Schlammwüste

Kempen · Am 1. April 1964 nimmt die neue Kreisrealschule in Kempen ihren Betrieb auf, aber ein Gebäude hat sie noch nicht. Erst im Sommer 1965 wird mit dem Neubau an der Wachtendonker Straße begonnen.

 Im September 1966 ziehen die ersten vier Klassen in das fertig gestellte Gebäude des Abendgymnasiums ein.

Im September 1966 ziehen die ersten vier Klassen in das fertig gestellte Gebäude des Abendgymnasiums ein.

Foto: NN

Der Gründungsleiter der neuen Kreisrealschule in Kempen, Herbert Hubatsch, lässt täglich zwei Klassen per Bus an seine alte Schule nach Süchteln pendeln, bis sie auf dem Hof der Knabenvolksschule (heute: Martinschule) eine Holzbaracke beziehen können. Mit der Erweiterung der Realschule kommen weitere Räume in der Knabenvolksschule hinzu. Im völlig verregneten Juli 1965 ist dann in aller Stille mit den Arbeiten zum Neubau begonnen worden: auf einem Weizenfeld an der Wachtendonker Straße.

 Als letztes Gebäude wird im Juni 1968 die Aula eingeweiht.

Als letztes Gebäude wird im Juni 1968 die Aula eingeweiht.

Foto: KN

Aber der Bau zieht sich hin. Das Schneckentempo hat seinen Grund im Bau-Boom der frühen Sechziger. Material und Arbeiter sind knapp, zeitweise zeigt sich nur ein einsamer Handlanger auf der Baustelle. Dazu kommt die schleppende Finanzierung aus der Kreiskasse. Die Baukosten belaufen sich insgesamt auf 4,6 Millionen D-Mark, wovon der damalige Landkreis Kempen-Krefeld 60 Prozent selbst aufbringt, der Rest wird über Landeszuschüsse finanziert. Der Innenausbau ist in dieser Summe allerdings noch nicht enthalten.

Das Realschulgelände bleibt jahrelang eine Bauwüste. Hinter dem Bungalow der Hausmeisterfamilie dehnt sich eine riesige Pfütze, die man auf Brettern überqueren muss. Folglich taufen die Kinder von Hausmeister Hubert Niggemann ihren ersten Hund "Arco von der Schlammkuhle".

Am 8. September 1966 ist es endlich soweit: Aus der Behelfsbaracke auf dem Hof der Knabenvolksschule wechseln die Realschüler - brav in Zweier-Reihen marschierend - in das Gebäude des späteren Abendgymnasiums; es ist als erstes fertig geworden. Zwei Klassen bleiben im Holzbau.

Aber auch die neue Unterkunft wirkt provisorisch, denn sie ist nur über eine Erdaufschüttung zu erreichen. Wackelige Bauzäune begrenzen zudem noch lange den Pausenplatz der Realschüler. 1967 kommt es zu einem Zwischenfall: Ein Arbeiter fällt vom Schuldach, weil ihn eine Kranlast von hinten angestoßen hat. Der Mann stürzt auf den Hof, und hat Glück im Unglück: Weil er auf eine Leiter aufschlägt, holt er sich nur drei Rippenbrüche. Es gibt einen Riesenauflauf, denn die Realschüler, noch im Gebäude des Abendgymnasiums untergebracht, haben gerade Pause.

Noch müssen Aula und Turnhalle fertig gestellt werden, Unterrichts- und Fachtrakt sind noch nicht verputzt. Dann endlich kommt der große Tag: Am 7. September 1967 wird das neue Schulgebäude von den nunmehr elf Klassen bezogen; freilich nur teilweise, im nördlichen Treppenhaus wird noch gearbeitet. Schlüsselfertig ist der ganze Bau erst am 18. Juni 1968, die Inneneinrichtung sogar erst 1969 komplett. Am 18. Juni 1968 werden dann schließlich Aula und Turnhalle eingeweiht.

Jahre später stellt sich heraus, dass die Kreisverwaltung am falschen Ende gespart hat. Nach der Übernahme der Schule durch die Stadt Kempen im Jahre 1977 muss bereits 1980 eine halbe Million in überfällige Reparaturen gesteckt werden - vor allem für neue Fenster - und im Jahr darauf noch einmal 400 000 Mark in Turnhalle und das Gebäude des Abendgymnasiums.

Die neue Schule hat einen rasanten Zulauf. Ursprünglich zweizügig geplant, ist sie zu Beginn des neuen Jahrtausends sechszügig. Längst hat sie das Gebäude, das zunächst dem Abendgymnasium zugedacht war, übernommen. Dringend notwendig ist ein Neubau. Am 14. August 2000 ist er so weit fertig, dass zu Beginn des neuen Schuljahres die sechs Siebener-Klassen einziehen können. Am 23. November 2000 wird der Neubau dann offiziell eingeweiht und geht allmählich in vollen Betrieb. 5,5 Millionen Mark wurden investiert, unter anderem in zwei Informatikräume im Obergeschoss.

(hk-)
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