Gemeinde Grefrath Fehltritte sorgen für Webfehler

Gemeinde Grefrath · Wenn es in der Hofanlage Waldniel des Niederrheinischen Freilichtmuseums in Grefrath klappert, dann ist Silke Heks bei der Arbeit. Die Handweberin ist in die ehemalige Hausbibliothek umgezogen.

 Silke Heks kennt sich in der Welt des Webens bestens aus. Regelmäßig sitzt sie in der Hofanlage Waldniel des Freilichtmuseums am Webstuhl.

Silke Heks kennt sich in der Welt des Webens bestens aus. Regelmäßig sitzt sie in der Hofanlage Waldniel des Freilichtmuseums am Webstuhl.

Foto: norbert prümen

Das weiße Holzschild mit der roten Aufschrift "Handweberei" ist unübersehbar neben der hinteren Türe der Hofanlage Waldniel angebracht. Aber so mancher Besucher des Niederrheinischen Freilichtmuseums schaut sich doch fragend um, wenn er den Raum mit dem großen Kamin betritt und nach links blickt. Dort ist nämlich kein Webstuhl mehr zu finden, sondern die nunmehr vergrößerte Küche des Tante-Emma-Ladens.

Wer allerdings ein Stückchen weiter geht und die rechte hintere Türe nimmt, entdeckt die Handweberei von Silke Heks. "Ich bin schon im Mai umgezogen, aber irgendwie haben die Besucher Probleme, mich zu finden, auch wenn es eigentlich nur ein paar Meter weiter sind", sagt Silke Heks. Durch die Umstrukturierung des Ladens mit neuem Konzept wurde mehr Platz für die Küche benötigt. Daher verlegte das Freilichtmuseum die interne Mitarbeiterbibliothek samt Archiv und schaffte damit Raum in der Hofanlage Waldniel. Der neue Raum mit den Sprossenfensterchen ist gut doppelt so groß ist wie das Vorgängerzimmer.

Wer durch die Tür tritt, befindet sich der Welt des Webens. Dominierend ist dabei der Webstuhl aus den 1980er-Jahren, an dem Heks gerade sitzt. Ratternd schießt das Schiffchen durch die Fäden, wenn Heks an dem Seilzug zieht, der am Schiffchen festgebunden ist. Kaum ist der Baumwollfaden durchgezogen, lässt die Handweberin die Weblade mit dem Webriet dagegen sausen, um den Faden anzuschlagen.

Dazu klappern die Tritte, die Heks mit den in Socken steckenden Füßen bedient. Mit den Tritten koordiniert sie die sechs Schäfte, die im Webstuhl hängen und für das Muster zuständig sind, das Heks gerade in den Stoff webt. "Wenn ich mich vertrete, gibt es einen Webfehler im Stoff", sagt die auf der Holzbank vor dem Webstuhl sitzende Fachfrau.

Aber nicht nur der Webstuhl zieht die Blicke auf sich. In der großen Holzregalwand, die früher im Tante-Emma-Laden zu sehen war, befinden sich unzählige Garne in den verschiedensten Farben und Materialien. Da gibt es Baby-Alpaka-Wolle genauso wie Leinen. In einer großen Kiste sieht man kleine und große Spulen, ein Brettchenwebstuhl steht im Regal. Direkt gegenüber befindet sich eine Spulmaschine. "Das ist das einzige elektrische Teil im Raum, wobei sie aus Amerika stammt. Die Amerikaner haben eine bessere Befestigung für die Spulen, daher habe ich mich für dieses Modell entschieden", erklärt Silke Heks.

Was sie alles am Webstuhl herstellt, verrät ein weiteres Regal. Babytragetücher, Kissen, Tischläufer, Küchenhandtücher und kleine Beutel sind für den Verkauf bestimmt. Alte Bindungen, wie der Weber die Muster nennt, in Form von Gerstenkorn und Rosengang zieren unter anderem die Stoffe. Sie machen die handgewebten Stoffe damit zu etwas ganz Besonderem. Wobei je nach Bindung entsprechend viele Schäfte benötigt werden. Bei der Gerstenkornbindung arbeitet Heks so mit vier Schäften.

Das neue Zuhause für die Handweberei ist aber nur ein Daheim auf Zeit. "Wir möchten das Thema Textil mit einer Dauerausstellung aufnehmen und arbeiten derzeit an einen neuem Konzept, das auch die Handweberei mitbeinhaltet", informiert Museumsleiterin Anke Wielebski. Der Hintergrund zu diesem Plan liegt in der Bedeutsamkeit der Weberei am Niederrhein. Vor der Industrialisierung stand in jedem zweiten Haushalt ein Webstuhl. 50 Prozent der Bevölkerung beschäftigte sich entweder im Lohnerwerb oder für die Selbstversorgung mit der Weberei. "Wobei die Männer webten und die Frauen spannen. Frauen waren am Webstuhl nur geduldet, wenn der Ehemann verstorben war. Mädchen lernten hingegen schon mit vier Jahren das Spinnen", sagt Anke Wielebski.

Das kleine Spinnrad in der Küche der Dorenburg ist ein solches Kinderspinnrad. Es wurde keineswegs zum Spielen genutzt, sondern die kleinen Mädchen erlernten daran die Tätigkeit des Spinnens. Im Herbst und Winter wurde besonders viel gesponnen. Ein Webstuhl benötigte das Garn von sieben Spinnrädern, was im Umkehrschluss heißt, dass viel gesponnen werden musste, damit das Familienoberhaupt weben konnte.

(tref)
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