Kreis Viersen Ferber: Noch ist nichts in Beton gegossen

Das Stadtgebiet von St. Tönis ist voller roter Punkte und zeigt den Handlungsbedarf. Als der Gutachter in seiner Präsentation die Hilfsfristüberschreitungen nach Einsatzorten auf einer Karte präsentiert, ist St. Tönis ein negativer Schwerpunkt. "Erschreckend" findet der Tönisvorster Kreistagsabgeordnete Heinz Michael Horst (SPD) das Gesamtergebnis. Er kritisiert nicht nur Defizite in der Kontrolle, sondern fordert auch eine schnelle Übergangslösung. Der Status quo sei katastrophal. Dass der Gutachter eine Rettungswache für Tönisvorst vorschlägt, begeistert Maik Giesen, für die CDU sachkundiger Bürger im Ausschuss für Rettungswesen. Das sei wie Weihnachten, Ostern, Mutter- und Vatertag in einem. Auch Bürgermeister Thomas Goßen ist mit dem Gutachten sehr einverstanden. Auch er sieht einen Handlungsbedarf für St. Tönis, sieht aber in erster Linie den Kreis in der Verantwortung. Goßen hat den Kreis zu einer Sitzung des Hauptausschusses eingeladen, um vor Ort die Konsequenzen aus dem Gutachten zu diskutieren. Ob Kehn oder das Krankenhaus in St. Tönis, Standort des Notarztfahrzeuges, der richtige Standort für eine neue Rettungswache sei, müsse noch diskutiert werden. Ebenso ließ Goßen offen, ob sich die Feuerwache in St. Tönis als provisorischen Sofortstandort für ein oder zwei Rettungswagen eigne.

Auch in Willich wurden die Politiker noch am Mittwochabend in der Ratssitzung von Bürgermeister Josef Heyes und der Beigeordneten Brigitte Schwerdtfeger über das Gutachten informiert. "Diese Ankündigung hat uns in Schrecken versetzt", sagte Heyes. Die Stadt Willich ist ein gebranntes Kind, hat vor knapp vier Jahren erst ihr Krankenhaus verloren, und diese Wunde ist längst noch nicht verheilt. Wenn nun auch noch der Rettungswagen aus Anrath abgezogen würde, kämen Politik und Verwaltung in arge Erklärungsnot dem Bürger gegenüber. Erschwerend kommt hinzu: Noch nicht einmal vor einem Jahr wurde die neue 2,35 Millionen Euro teure Feuer- und Rettungswache in Anrath eröffnet. "Diese haben wir in Abstimmung mit dem Kreis und den Krankenkassen errichtet", sagte Schwerdtfeger. Wohlgemerkt: Es geht im Gutachten nur um die Aufgabe der Rettungswache, die Feuerwehr bleibt in Anrath. Schwerdtfeger wies aber darauf hin, dass der Standort Anrath seinerzeit als Standort für den Rettungswagen ausgewählt worden sei, weil Clörath und Neersen oft nicht rechtzeitig erreicht wurden. "Wie sieht das aus, wenn der Rettungswagen in Vorst steht?", fragte sie. Wesentlich ist auch die Tatsache, dass zwischen Vorst und Anrath eine Bahnstrecke verläuft: Wenn gerade ein Zug kommt, ist auch für einen Krankenwagen dort kein Durchkommen.

In Kempen sieht man die Vorschläge des Gutachters zur künftigen Struktur der Rettungswachen im Kreisgebiet noch nicht in Beton gegossen. Die Stadt Kempen wäre insofern betroffen, als dass sie künftig nicht mehr für die Versorgung mit Rettungswagen und -personal in der Nachbarstadt Tönisvorst zuständig wäre und auch den Grefrather Ortsteil Oedt nicht mehr bedienen müsste. Der zuständige Erste Beigeordnete Hans Ferber warnte gestern ausdrücklich davor, aus den nun vorliegenden Vorschlägen des Gutachters endgültige Beschlüsse herauszulesen. Ferber betonte, dass der Gutachter die Anregungen aus den neun kreisangehörigen Städten und Gemeinden nun in seine Expertise einarbeiten werde. Das fertige Gutachten soll in etwa zwei bis drei Wochen vorliegen. Danach erhalten die betroffenen Kommunen Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Kempens Erster Beigeordneter geht aber bereits jetzt davon aus, dass ein - zuletzt diskutiertes - zusätzliches viertes Fahrzeug für die Kempener Rettungswache nun vom Tisch sei.

(hb/msc/rei)
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