Kempen Flüchtlinge brauchen mehr Ehrenamtler

Kempen · Die Jugendhilfeeinrichtung Schloss Dilborn sucht Engagierte, die mit jungen Flüchtlingen etwas unternehmen, ihnen die Umgebung zeigen oder mit ihnen Deutsch pauken. Brigitte Krosner macht das schon — und hat viel Spaß dabei.

 Die 17-Jährigen Hossein (l.) und Mohamed leben in Wohngemeinschaften der Jugendhilfe Schloss Dilborn. Ehrenamtlich hilft Brigitte Kronser den Jugendlichen, die Fallstricke der deutschen Sprache zu bewältigen.

Die 17-Jährigen Hossein (l.) und Mohamed leben in Wohngemeinschaften der Jugendhilfe Schloss Dilborn. Ehrenamtlich hilft Brigitte Kronser den Jugendlichen, die Fallstricke der deutschen Sprache zu bewältigen.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Wenn Brigitte Kronser dienstags nach Dilborn fährt, warten die jungen Leute schon auf sie. Nach dem Unterricht in einer internationalen Förderklasse am Berufskolleg in Dülken geht es für sie weiter mit dem Büffeln: Brigitte Kronser hat Mathe- und Deutschbücher im Gepäck. Sie hilft minderjährigen Flüchtlingen beim Lernen.

Die pensionierte Grundschullehrerin ist als Ehrenamtlerin in der Via-Nobis-Jugendhilfeeinrichtung Schloss Dilborn tätig. Lehrerin sei sie immer gern gewesen, "und das ist jetzt die Fortsetzung meiner Pensionierung", sagt sie lachend. Freiwillig gibt sie nun einmal in der Woche nachmittags zwei Stunden Unterricht - und hat viel Spaß dabei. "Die jungen Männer sind so lernbegierig", lobt die 66-Jährige die Jugendlichen. "Und es macht einfach Spaß, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die lernwillig sind." In der Schule sei das ja nicht immer so. Die minderjährigen Flüchtlinge, die in Dilborn wohnen, seien sehr fleißig, berichtet Kronser. Sie lernten viel, setzten sich dabei häufig selbst auch sehr unter Druck. Sie hat festgestellt: "Sie ergreifen die Chancen, die man ihnen gibt."

Das Lernen nimmt einen großen Teil des Tages bei den Jugendlichen ein. 18 minderjährige Flüchtlinge, die ohne Eltern nach Deutschland gelangten, leben auf dem Gelände der Jugendhilfeeinrichtung in Dilborn in zwei Wohngruppen. Weitere Wohngruppen hat die Via Nobis beispielsweise auch in Mülhausen und Mönchengladbach. In den Dilborner Wohngruppen leben ausschließlich junge Männer zwischen 16 und 18 Jahren. Sie kommen beispielsweise aus Eritrea, Mali Guinea, Syrien oder Afghanistan. Morgens besuchen sie die Schule oder das Berufskolleg, am Nachmittag treiben sie häufig Sport. Der 17-jährige Hossein aus Afghanistan etwa spielt zweimal in der Woche Basketball in Dülken, der gleichaltrige Mohamed aus Guinea ist begeisterter Fußballer. Er geht zweimal wöchentlich zum Training, sonntags sind Spiele. Daneben ist vor allem Lernen angesagt: "Ich lerne viel", erklärt Hossein, berichtet von Nachhilfe und Deutschunterricht. In Guinea war der Tagesablauf ähnlich, erinnert sich Mohamed: "Von 8 bis 16 Uhr habe ich die Schule besucht, danach habe ich Fußball gespielt oder ein bisschen gelesen."

Die Jugendhilfeeinrichtung sucht nun weitere Ehrenamtler - Menschen wie Brigitte Kronser. Die Helfer müssen keine pädagogische Ausbildung haben, sie müssen auch keinen Deutschunterricht geben. Jeder Helfer kann sich in einem Bereich engagieren, der ihm gefällt, erklärt Kamil Gönüleglendiren, Teamleiter der Dilborner Wohngruppen. Einzige Voraussetzung: "Herz und Humor." Und ein polizeiliches Führungszeugnis.

Gesucht werden Ehrenamtler jeden Alters und für alle möglichen Aktivitäten: Sie könnten zum Beispiel bei Radtouren einem oder zwei Jugendlichen die Umgebung zeigen, mit ihnen ins Fußballstadion gehen, mit einem jungen Mann zum Shoppingbummel in die Stadt fahren, ein Eis essen oder ins Kino gehen, klettern, Kart fahren, ins Museum oder ins Theater gehen. Ein Helfer könnte einen Jugendlichen dabei unterstützen, einen Praktikums- oder Ausbildungsplatz zu bekommen. "Wir machen Gruppen- und Einzelaktivitäten", berichtet Gönüleglendiren für die Jugendhilfeeinrichtung. "Aber ich fände es schön, wenn man eine 1:1-Betreuung durch Ehrenamtler anbieten könnte. Dabei entstehen ja auch Beziehungen." Die Jugendlichen sind häufig unter sich: Besuchen sie eine internationale Förderklasse, sind sie mit anderen Flüchtlingen zusammen. In der Jugendhilfeeinrichtung teilen sie eine Wohngemeinschaft mit weiteren Flüchtlingen. Kontakte zu Einheimischen gibt es im Sportverein oder im Jugendzentrum, wenn man sich am Kickertisch trifft.

Wer mit einem jungen Flüchtling darüber hinaus ein wenig Freizeit verbringen möchte, ist in Dilborn willkommen. Marita Schönhals, pädagogische Mitarbeiterin, hofft nun, dass sich Freiwillige finden, die "Weltoffenheit und Empathie" mitbringen, "und Neugier auf das Fremde".

(RP)
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