Stadt Kempen Flüchtlinge lernen gemeinsam Deutsch

Stadt Kempen · Das Thomaeum und die Erich Kästner Realschule haben ein gemeinsames Kursangebot. So wird das Lernen deutlich effektiver. Ansonsten nehmen die Kinder am normalen Unterricht teil.

 Saskia Burgemeister ist es ein großes Anliegen, dass Flüchtlingskinder möglichst schnell Deutsch lernen. Sie machen schnell Fortschritte.

Saskia Burgemeister ist es ein großes Anliegen, dass Flüchtlingskinder möglichst schnell Deutsch lernen. Sie machen schnell Fortschritte.

Foto: wolfgang kaiser

"Kennt Ihr Karneval?" - auf die Frage von Saskia Burgemeister schauen die neun Schüler etwas ratlos drein. Burgemeister schaltet den Oberlichtprojektor ein und auf der Wand erscheinen bunte Fotos von kostümierten Kindern. Bei einigen Kindern folgt ein Nicken. Das, was die Bilder ihnen zeigen, kennen doch einige aus ihren Heimatländern. Die Deutschlehrerin des Kempener Gymnasiums Thomaeum erklärt ganz genau die Aktivitäten, die in den nächsten Tagen und Wochen das Leben in Kempen bestimmen werden.

Vokabeln wie Verkleiden, Kostüm und Umzug erscheinen auf der Tafel. Laut und deutlich spricht Burgemeister sie aus. Danach sind die Schüler im Alter zwischen zehn und 14 Jahren, die unter anderem aus Syrien, Albanien und Mazedonien kommen, an der Reihe. Omar hat Probleme mit dem "s" in Karnevalsumzug, aber nach ein paar Versuchen verschluckt der Zehnjährige den Buchstaben nicht mehr. Burgemeister erteilt ein großes Lob, dann sollen alle die neuen Wörter in ihr Vokabelheft eintragen.

Deutschunterricht für Flüchtlinge und Seiteneinsteigerkinder ist am Thomaeum angesagt. Mit Beginn des Schuljahres 2015/2016 besteht eine Kooperation zwischen dem Gymnasium und der benachbarten Erich Kästner Realschule. "Wir haben im Monatsrhythmus neue Flüchtlingskinder erhalten. Die Problematik war die, dass die Neuzugänge mit dem laufenden Unterricht Deutsch als Fremdsprache, kurz DaF genannt, überfordert waren. Aber auf der anderen Seite sollen diejenigen, die schon länger Deutsch lernten, auch weiterkommen", berichtet Burgemeister.

Der Realschule ging es nicht anders. Die beiden Schulen schlossen sich zusammen, teilten die Kinder in zwei Leistungsgruppen ein und unterrichteten nun gemeinsam. Am Thomaeum entstand sogar ein eigener Raum für diese spezielle Form von Unterricht, um den Kindern einen festen Lernort zu geben.

"Sonst mussten wir immer die Räumlichkeiten wechseln, sogar zwischen Realschule und Gymnasium pendeln. Der feste Raum ist für alle angenehmer", sagt Burgemeister. Es handelt sich um ein aktuell nicht benötigtes Klassenzimmer, das frisch gestrichen wurde. Die Rotarier halfen bei der Einrichtung und der Anschaffung von vier Laptops, mit deren Hilfe ein differenziertes Arbeiten möglich ist. Der Förderverein der Schule brachte sich ebenso ein. Unter anderen konnten mit seiner Hilfe Sprachlernprogramme angeschafft werden.

Der Raum hat sich mit seiner Ausstattung in eine Lernwerkstatt mit Lernplakaten zur Visualisierung und Bildern als Sprechanlass verwandelt. Ansonsten besuchen die Flüchtlingskinder und Seiteneinsteiger ihrem Alter und Lernstand entsprechend die verschiedenen Klassen. Für je zwölf Stunden pro Woche gehen sie dann aus dem normalen Unterricht hinaus, um in dieser Zeit Deutsch zu lernen. Für Burgemeister und ihre beiden Kolleginnen sowie die drei ehrenamtlichen Helfer, bei denen es sich um zwei pensionierte Grundschullehrerinnen und einen pensionierten Berufsschullehrer handelt, war es am Anfang schon ungewohnt, Deutsch als Fremdsprache zu unterrichten. Schließlich sind sie keine Sprachlehrer in diesem Sinne. "Ich selber habe zwar schon Deutsch als Fremdsprache in Mexiko und Brasilien unterrichtet, aber dort konnte ich auch die Muttersprache sprechen, was hier nicht der Fall ist", sagt Burgemeister. Trotzdem klappt alles hervorragend und das Team aus Lehrern und Ehrenamtlern arbeitet Hand in Hand und freut sich über die Fortschritte.

Beim Deutschunterricht ist Burgemeister inzwischen bei einem Übungsblatt in Sachen Karneval angekommen. Verschiedene Kostüme müssen samt ihrer Farben benannt werden. Wo noch Probleme herrschen, geht Ursula Haepp in den Einsatz. "Es ist ja nicht nur die Sprache an sich, sondern auch das Schreiben. Etliche Schüler müssen lernen, von links nach rechts zu schreiben und nicht umgekehrt, wie es in ihrer Sprache üblich ist", bemerkt die ehemalige Grundschullehrerin, die mit Begeisterung bei der Sache ist.

(tref)
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