Stadt Kempen Gäste der Landeskirche informieren sich im Berufskolleg

Stadt Kempen · Das Haiti-Projekt und die Aktionen zur Freilassung des chinesischen Menschenrechtlers Liu Xiaobo interessierten eine Delegation von Vertretern evangelischer Kirchen beim Besuch in Kempen.

Eine Landeskirche lässt sich von ihren Partnerkirchen im In- und Ausland visitieren. Das geschah es zum ersten Mal. Während der Visite ging es jetzt um die Frage: Wie kann die Evangelische Kirche im Rheinland eine relevante Kirche für und von morgen sein. Besucher aus Asien, Afrika und den USA sowie aus dem europäischen Ausland waren jetzt bei der Rheinischen Kirche zu Gast. Zudem waren ökumenische Partner aus Deutschland mit dabei. Die Gäste schauten sich die Arbeit in mehreren Regionen zwischen Niederrhein und Saarland an.

Auch das Rhein-Maas-Berufskolleg in Kempen war Ziel einer Besuchergruppe: Generalsekretär i. R. Sahala Aman Girsang von der Christlich-Protestantischen Simalungun Kirche in Indonesien, Pfarrerin Eszter Dani, Vorsitzende der Missionsabteilung der Reformierten Kirche in Ungarn, und Dr. Wolfgang Thielmann, Journalist und Pastor im Bund Freier Evangelischer Gemeinden informierten sich in Kempen über die beiden Aktionen "Schüler bauen für Haiti" und "Freiheit für Liu Xiaobo".

Seit 2011 haben Schüler des Berufskollegs zusammen mit Einheimischen in Haiti mehrere Häuser und ein Ausbildungszentrum gebaut. Immer mit dabei war Pfarrer Roland Kühne, Religionslehrer und Initiator der Aktion: "Ich verstehe Religionsunterricht so, dass wir uns um andere Menschen kümmern müssen", sagte er. Und genau das wird von den Schülern sehr geschätzt. "Vielleicht engagieren sich manche der Schüler aus humanitä-ren Gründen", meinte Kühne. "Aber sie wissen, dass die Religion für mich meine Antriebsfeder ist. Auch der Grund nicht aufzugeben."

Die drei Pfarrer waren in einer Klasse von Anlagenmechanikern zu Gast. Zwei der Schüler waren bereits in Haiti mit dabei. Lukas und Marvin, beide 20. Beide hat der Aufenthalt bewegt und geprägt. "Ich habe die Gelassenheit der Menschen bewundert", meinte Lukas. "Sie haben fast nichts und sind glücklich." Während ihres Aufenthalts, ergänzte Marvin, seien immer mehr Kinder gekommen, die aus leeren Plastikflaschen die coolsten Autos gebaut haben. Das Schwierigste war die Kommunikation gewesen, da keiner Englisch und nur wenige ein bisschen Französisch gesprochen hätten. In Haiti spricht die Bevölkerung Kreolisch. Das ist für die Schüler kein Hinderungsgrund - es ging ja mit Händen und Füßen. Und auf die Frage der drei Gäste, wer gerne in Haiti helfen würde, hebt fast die Hälfte der Klasse die Hand. Auf Spenden ist das Projekt dringend angewiesen. Und kaum, dass dieser Satz fiel, stand Lukas auf und überreichte Pfarrer Kühne die Klassenkasse. "Wir haben das ganze Schuljahr eingezahlt", erklärte der Schüler. "Eigentlich wollten wir eine dicke Party machen." Doch das hat nicht geklappt. So entschieden sich die Schüler dafür, das Geld zu spenden.

Auch bei dem zweiten Projekt, sich für die Freilassung des Schriftstellers Liu Xiaobo einzusetzen, sind die Schüler stark motiviert. Seit fünf Jahren fahren Schüler des Berufskollegs zusammen mit einigen Lehrern zum Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember nach Berlin, um vor der Chinesischen Botschaft die Freilassung des seit 2010 inhaftierten Friedensnobelpreisträgers zu fordern. Was 2010 mit zwei Bussen begann, steigerte sich im vergangenen Dezember auf fünf Busse - also 350 Schüler. Mal sehen, wie viele es in diesem Jahr werden.

Wie kann die Evangelische Kirche im Rheinland eine relevante Kirche für morgen sein, missionarisch und diakonisch, theologisch fundiert und sozial aufgeschlossen? Ihre Erfahrungen werden die Teilnehmer der Ökumenischen Visite im Anschluss an ihre Besuchsphase in Wuppertal auswerten. Diese werden der Kirchenleitung am morgigen Sonntag übergeben und in die Landessynode 2016 einfließen.

(RP)
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