Stadt Kempen Geschichte in kleinen Münzen erzählt

Stadt Kempen · "Münzen bezeugen Geschichte" ist die dritte Schrift über die Münzsammlung im Städtischen Kramer-Museum Kempen. Sie lenkt erneut den Blick auf einen musealen Schatz, der dem Besucher viel Geschichte und Geschichten eröffnet.

Die Münze, ein Taler von 1583, zeigt das Profil eines würdevollen älteren Mannes mit Halskrause. Eingefasst ist die Münze vom Satz "Tandem bona causa triumphat", dieser lateinische Satz bedeutet: Endlich triumphiert die gute Sache. Um welche gute Sache es sich handelt, das hat Dr. Helmut Grießmann recherchiert und aufgeschrieben. Nachzulesen ist es in der jetzt frisch erschienenen Broschüre "Münzen bezeugen Geschichte", die gestern im Städtischen Kramer-Museum von Bürgermeister Volker Rübo und Kulturamtsleiterin Dr. Elisabeth Friese vorgestellt wurde.

Durchaus amüsant ist diese Geschichte in diesem Heft nachzulesen — wenn man ausblendet, welches Leid und Not diese historischen Ränkespiele für die Bevölkerung mit sich brachten. Der Herr auf der Münze ist Erzbischof Gebhard Truchsess von Waldburg. Gebhard war 1577 in Köln zum Erzbischof ernannt worden. Um 1579 begann sein Liebesverhältnis zur evangelischen Gräfin Agnes von Mansfeld, die im Gerresheimer Damenstift lebte. Gegen eine Mätresse hatte das Domkapitel dem Zeitgeist entsprechend nichts, sehr viel aber, als Gebhard seine Agnes heiraten wollte und zum Protestantismus übertrat. Vom Papst exkommuniziert, wurde er abgesetzt. Weil er das Kurkölsche Land in ein weltliches Herzogtum umwandeln wollte, löste er den Kölnischen oder Truchsessischen Krieg aus, der dem gesamten niederrheinischen Raum Zerstörung und viel Elend brachte.

Solche und etliche andere Geschichten aus der Geschichte des Niederrheins wären in einer Schreibtischschublade verschwunden, wenn nicht Heinz-Wilhelm Wolters die Initiative für diese Broschüre ergriffen hätte. Wolters ist mit seiner Frau Marianne Gründer der Schwester-Ina-Stiftung Kempen. Griemanns Manuskript war die Grundlage eines Vortrages, der 2012 zum Jubiläum des Museum geplant war, aber nicht zustande kam. Jetzt ist die historische Wanderung, die rund 1000 Jahre vom Beginn Kölner Territorialpolitik bis zu den Preußen am Rhein abschreitet, nachlesbar — und in vielen Karten und Münz-Abbildungen bestens hinterlegt.

Mit diesen Informationen in der Hand ist es reizvoll, sich die Originale in der Münzsammlung des Museums anzusehen. Bürgermeister Volker Rübo freut sich, dass mit der Broschüre erneut auf die Münzsammlung des Museums hingewiesen wird, und er dankte Grießmann für sein großes Engagement. Helmut Grießmann war 1993 nach 20 Jahren als Schulleiter des Luise-von-Duesberg-Gymnasiums pensioniert worden. Der Ruheständler, der einst Germanistik, Geschichte und Philosophie studiert hatte, ging auf das Kramer-Museum zu, weil er mal gelesen hatte, dass es dort eine Münzsammlung gebe. Heute umfasst die Sammlung 5500 Münzen und 1100 Medaillen, von denen in der Schausammlung 500 Münzen aus der Region und 350 Münzen mit Herrscherporträts zu sehen sind. Als Grießmann die Sammlung sichtete, schlummerte sie im Tresor in zahlreichen Kästchen, Zigarrenkisten und Briefumschlägen. In zeitaufwendiger Recherche durchforstete und bestimmte er die Bestände mit Hilfe von 130 numismatischen Fachbüchern. Grießmann hob für Kempen den Münzschatz, und der Landschaftsverband Rheinland (LVR) finanzierte dessen Präsentation. 2003 wurde die Schausammlung im ersten Stock eröffnet. Dort kann man auch erfahren, wie viel Gold oder Silber in Gulden, Mark oder Groschen steckten, wie viel Kreuzer, Pfennige, Taler und Gulden zu ihrer Zeit wert waren. Heute, in Euro-Zeiten ist schwer vorstellbar, dass noch 1806 im Reichsgebiet 305 territoriale Währungen kursierten.

(RP)
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