Stadt Kempen Haushalt: Kein Grund zur Euphorie

Stadt Kempen · Mit deutlicher Mehrheit hat gestern Abend der Kempener Stadtrat den städtischen Haushalt für 2018 verabschiedet. Nur die Grünen lehnten ihn ab. Von Euphorie war in den Etatreden der Fraktionssprecher allerdings keine Rede. Die aktuelle Haushaltslage gibt bei einem Defizit von sechs Millionen Euro auch keinen Anlass dazu. Im Gegenteil: Die Politik mahnte zum Sparen. Es gab auch deutliche Kritik an Bürgermeister Volker Rübo.

 Eine sparsame Haushaltsführung und strikte Ausgabendisziplin mahnten Sprecher der Kempener Stadtratsfraktionen gestern Abend bei ihren Haushaltsreden an. Immerhin schließt der gestern verabschiedete Haushalt mit einem Defizit von sechs Millionen Euro ab.

Eine sparsame Haushaltsführung und strikte Ausgabendisziplin mahnten Sprecher der Kempener Stadtratsfraktionen gestern Abend bei ihren Haushaltsreden an. Immerhin schließt der gestern verabschiedete Haushalt mit einem Defizit von sechs Millionen Euro ab.

Foto: Wolfgang Kaiser

Die Stadt Kempen hat in diesem und in den kommenden Jahren viele kostspielige Projekte vor der Brust. Sei es der Kita-Ausbau, die Sanierung der Schulen oder des alten Rathauses in Verbindung mit dem Ankauf der neuen Verwaltungsgebäude am Bahnhof - viele Aufgaben stehen an, die sich nicht auf die lange Bank schieben lassen. So haben sich einige der Ratsfraktionen bis zuletzt schwer getan mit ihrer Entscheidung, dem von Stadtkämmerer Jörg Geulmann vorgelegten Etatwerk zuzustimmen. Zumal der Kämmerer erst in der vergangenen Woche nach Abschluss der Haushaltberatungen in den Fachausschüssen mit einer Liste aufwartete, die in 95 Positionen Veränderungen - zumeist Kostensteigerungen - aufwies. So steigt das Defizit im städtischen Haushalt von ursprünglich kalkulierten 3,9 auf nun 6,0 Millionen Euro. Auch in den kommenden Jahren bis 2021 ist kein originäre Haushaltsausgleich zu erwarten, wird es zu weiteren Defiziten von jährlich mehr als 5 Millionen Euro kommen.

In den Haushaltsreden zeigten die Sprecher der Ratsfraktionen die Schwachstellen auf. Schon bei der Einbringung des Etatentwurfs durch den Kämmerer in der Ratssitzung im Dezember 2017 habe "kein Anlass zur Euphorie, eher zur Ernüchterung" bestanden, betonte CDU-Fraktionschef Wilfried Bogedain gestern Abend. Ernüchterung deshalb, "weil die eingebrachten Zahlen den in den letzten Jahren erkennbar gewordenen Trend einer Stabilisierung des Haushalts, der sogar einen originären Ausgleich im Finanzplanungszeitraum vorsah, mehr als in Frage stellten", so Bogadain in seiner Analyse. Diese Entwicklung passe eigentlich nicht in eine Landschaft, in der die Wirtschaft boomt und Haushalte - zumindest im Bund und in einigen Bundesländern - ausgeglichen würden. Gleichwohl sei die "Kostenexplosion" in Kempen nicht hausgemacht, sondern sei überwiegend bei Haushaltsstellen zu finden, die Stadt oder Stadtrat nicht beeinflussen könnten, meinte Bogedain.

Die CDU legt Wert auf solides Wirtschaften. Die in den kommenden Jahren steigende Verschuldung bereitet der Union Sorgen. Und die richtig kostspieligen Projekte - etwa die Sanierung des Rathauses - stünden erst noch an. Außerdem müsse in Wohnsiedlungsprojekte investiert und dabei auch Wohnen zu bezahlbaren Mieten ermöglicht werden. Die CDU steht zur Entscheidung, zunächst einen Kunstrasenplatz in Tönisberg zu bauen, weist aber gleichzeitig auf die unverändert hohe Priorität für einen neuen Sportplatz in St. Hubert hin. In Sachen Burg spricht sich die CDU dafür aus, im weiteren Verfahren interessierte Bürger zu beteiligen.

Die SPD-Fraktion hat sich bis zuletzt schwer getan, dem Haushalt zuzustimmen, berichtete Fraktionsvorsitzender Andreas Gareißen angesichts des deutlich gestiegenen Defizits. Die Sanierung der Schulen und der Kita-Ausbau seien zwar von der Politik gewollte Vorhaben, aber über die sich daraus ergebenden Folgekosten wisse man noch nichts. Kritik übte Gareißen nochmals am Ankauf der Verwaltungsgebäude am Bahnhof.

Gareißen bemängelte auch, dass der Stellenplan in der Stadtverwaltung ausgeweitet werde, ohne dass es ein Personalentwicklungskonzept gäbe. Konkret forderte der SPD-Sprecher den Bürgermeister auf, hier tätig zu werden. Gareißen kritisierte auch, dass angesichts der von der Verwaltung gemachten Vorgaben der gestalterische Spielraum der Politik nur sehr gering sei. Gareißen forderte zudem eine vorausschauende Planung im Bereich der Bauverwaltung.

Deutliche Kritik und Ablehnung des Haushalts kam von den Grünen. Deren Fraktionssprecher Joachim Straeten forderte vom Bürgermeister "mehr Leidenschaft und Führungsoptimismus" bei dem notwendigen Veränderungsprozess innerhalb der Stadtverwaltung. Er mahnte die Digitalisierung der Verwaltungsprozesse an. Aus Sicht der Grünen hätte ein Technisches Rathaus auch in St. Hubert gebaut werden können. Beim Ankauf der neuen Verwaltungsgebäude am Bahnhof habe es dem Bürgermeister nicht schnell genug gehen können, bei der Zukunft der Burg habe er dagegen "eine Langsamkeit und Entscheidungsunfreudigkeit an den Tag gelegt, die kaum zu beschreiben" sei. Straeten forderte den Bürgermeister auf, Führungsverantwortung zu übernehmen. Der Grünen-Sprecher sprach sich erneut für die Gründung einer eigenen städtischen Bau- und Entwicklungsgesellschaft aus, um den Wohnungsmarkt besser steuern zu können und verstärkt bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Die Liberalen stimmten dem Haushalt 2018 zwar zu, übten aber ebenfalls in Teilbereichen Kritik. FDP-Fraktionsvorsitzende Irene Wistuba forderte für die Liberalen eine Prioritätenliste mit Zeitschiene bei der Sanierung der Schulen. Sie listete ihrerseits diverse Schwachstellen in den Schulgebäuden auf.

Die FDP forderte zudem eine sofortige Modernisierung der Sportanlage an der Stendener Straße in St. Hubert und stellte dazu gleich einen fraktionsübergreifenden Antrag. Auch beim zunächst zurückgestellten Bau eines neuen Sportplatzes für die Fußballer in St. Hubert wollen die Liberalen am Ball bleiben.

Zustimmung für den Haushalt gabe es auch von den Freien Wählern. Ihr Fraktionssprecher Udo Kadagies zeigte Verständnis für die hohe Arbeitsbelastung in der Bauverwaltung. Die Einrichtung zusätzlicher Stellen wird von den Freien Wählern ausdrücklich unterstützt. In allen Stadtteilen solle der Bau von preiswerten und seniorengerechten Wohnungen gefördert werden. In Sachen Kempener Burg erwarten die Freien Wähler die Solidarität des Kreises bei der Übergabe an die Stadt und den Verbleib der Kreisvolkshochschule als langfristiger Ankermieter.

Günter Solecki erneuerte für die Linkspartei die Kritik an einer ihrer Meinung nach verfehlten Schulpolitik. Gleichwohl stimmte die Linke dem Haushalt zu. Solecki kritisierte, dass der Bürgermeister sein Versprechen aus dem Wahlkampf 2014 gebrochen habe, dass der nächste Kunstrasenplatz in St. Hubert gebaut werde. Solecki sprach in diesem Zusammenhang von einem Desaster.

Der partei- und fraktionslose Ratsherr Jeyaratnam Caniceus stimmte dem Haushalt ebenfalls zu. Er forderte bezahlbaren Wohnraum für Kempen und sprach seine Idee an, in Kempen öffentliche Flächen für den Anbau von essbaren Früchten oder Gemüse bereitzustellen. Er sprach sich dafür aus, in Kempen ein Klima von sozialer Gerechtigkeit zu erhalten.

(RP)
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