Kempen Hier malten die Krefelder Expressionisten

Kempen · In einer Kate in Orbroich an der Grenze zu St. Hubert, "Der Düvel" genannt, trafen sich vor 100 Jahren die niederrheinischen Expressionisten Nauen, Macke, Campendonk und Thorn-Prikker. Ihre Werke sind heute weltweit in Museen zu bewundern. Das Zwei-Ständer-Haus, das auf einen Vorgängerbau von 1628 zurückgeht, steht heute noch - dank einer Sanierung vor 36 Jahren.

 Idyllisch liegt die Kate namens "Der Düvel" in einem großen Garten in Orbroich. Hier trafen sich Heinrich Nauen, Helmuth Macke, Heinrich Campendonk, Jan Thorn-Prikker und Peter Bertlings.

Idyllisch liegt die Kate namens "Der Düvel" in einem großen Garten in Orbroich. Hier trafen sich Heinrich Nauen, Helmuth Macke, Heinrich Campendonk, Jan Thorn-Prikker und Peter Bertlings.

Foto: Lammertz Thomas

Im äußersten Krefelder Norden liegt in der Honschaft Orbroich hinter einer hohen Hecke eine weitgehend unbekannte Kate, die eigentlich eine Berühmtheit sein sollte: Das Zwei-Ständer-Haus von 1828, je nach Schreibweise als "Der Düvel" oder "Der Düwel" bezeichnet, geht in seinen Ursprüngen mindestens auf das 17. Jahrhundert zurück.

Dort mietete sich ab 1902 Heinrich Nauen (1880-1940), Sohn einer Krefelder Bäckerfamilie, der an der Düsseldorfer Kunstakademie studierte und lehrte, über die Sommermonate ein. Immer wieder lud er seine Krefelder Freunde Helmuth Macke (1891-1936) und Heinrich Campendonk (1889-1957) in die Kate, um in dem wunderbaren Garten und in der Umgebung zu malen. Auch deren Lehrer an der Krefelder Kunstgewerbeschule, Jan Thorn-Prikker (1868-1932) und dessen Schüler Wilhelm Wieger (1890-1964), später auch der Krefelder Werkkunstschulleiter Professor Peter Bertlings (1885-1982) waren dort zu Gast. Von ihm stammt ein schöner Martinsstein neben dem Scheuneneingang.

 Paul Nothers (l.) und sein Neffe Marius Gras, der Eigentümer der Kate. Nothers' Tante Adele vermietete den "Düvel" im Sommer an Heinrich Nauen.

Paul Nothers (l.) und sein Neffe Marius Gras, der Eigentümer der Kate. Nothers' Tante Adele vermietete den "Düvel" im Sommer an Heinrich Nauen.

Foto: Lammertz Thomas

Heute gehört das denkmalgeschützte, dreistufige Wohn-, Stall- und Speicherhaus dem Tönisberger Marius Gras, dessen Vater Fred, Hülser Kunstmaler und Lehrer in Kempen, das Gebäude aus Fachwerk und Feldbrandziegeln 1980 erworben und saniert hat. Marius Gras ist ein Neffe von Diplom-Landwirt Paul Nothers, langjähriges Mitglied des Krefelder Landschaftsbeirats, der auch heute noch den Fimmershof in Orbroich bewohnt. Zu diesem Hof gehörte "Der Düvel". "Der Name dürfte auf Heinrich Teuffels zurückgehen, dem mein Urgroßvater Peter Paul Nothers, die Kate seinerzeit abgekauft hatte", erzählt Paul Nothers. Es war seine Tante Adele, Bäuerin auf dem Fimmershof, die Heinrich Nauen von 1902 bis 1910 den "Düvel" für wenig Geld oder auch schon mal für ein Gemälde vermietet hatte.

 Heinrich Nauen auf einer Gedenkmedaille (Ausschnitt).

Heinrich Nauen auf einer Gedenkmedaille (Ausschnitt).

Foto: bsen

Heute wie auch schon vor 100 Jahren wird die Kate, deren Existenz für 1628 dokumentiert ist, für die Imkerei genutzt, die Marius Gras in seiner Freizeit betreibt. Außen bestens hergerichtet, ist innen - abgesehen von der Stube unter dem Dach - noch einiges zu tun. Im Wesentlichen ist im "Düvel" landwirtschaftliches Gerät untergebracht.

 Helmuth Macke, undatiertes Selbstbildnis (Ausschnitt).

Helmuth Macke, undatiertes Selbstbildnis (Ausschnitt).

Foto: Stadt Krefeld
 Heinrich Campendonk, Selbstbildnis "Der Künstler" ca. 1951 (Ausschnitt).

Heinrich Campendonk, Selbstbildnis "Der Künstler" ca. 1951 (Ausschnitt).

Foto: VG Bild-Kunst Bonn 2015
 Die Stube unter dem hölzernen Dach der alten Kate ist im Gegensatz zum Erdgeschoss des "Düvels" weitestgehend hergerichtet.

Die Stube unter dem hölzernen Dach der alten Kate ist im Gegensatz zum Erdgeschoss des "Düvels" weitestgehend hergerichtet.

Foto: Thomas Lammertz
 Die südliche Eingangstür zum "Düvel" soll aus einem ehemaligen Kloster neben der Kempener Probsteikirche stammen.

Die südliche Eingangstür zum "Düvel" soll aus einem ehemaligen Kloster neben der Kempener Probsteikirche stammen.

Foto: Lammertz Thomas
 Den schönen St.-Martinsstein neben dem Eingangstor der Kate schuf Peter Bertlings, Leiter der Krefelder Werkkunstschule.

Den schönen St.-Martinsstein neben dem Eingangstor der Kate schuf Peter Bertlings, Leiter der Krefelder Werkkunstschule.

Foto: Lammertz Thomas

In der Kate hat Fred Gras bei der Restaurierung die alten Balken verwendet, die noch zu gebrauchen waren. Mit ein wenig Fantasie ist noch die Struktur von Stall, Wohnbereich und Speicherhaus zu erkennen. "Hier stand früher der Backofen, kurz Backes genannt, der vor Napoleon noch innerhalb von Häusern stehen durfte", erklärt Marius Gras, der die Kate in den nächsten Jahren auch innen so herrichten möchte, dass sie künftig einmal beispielsweise als eine musiktherapeutische Einrichtung genutzt werden kann.

(RP)
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