Stadt Kempen Hier wird jeder Griesgram fröhlich

Stadt Kempen · Der Kempener Karneval ist eröffnet. Auf dem Buttermarkt steppte an Altweiber der Bär. Die Jecken feierten dicht gedrängt mit Möhnen, Prinzenpaar und Verwaltung. Wegen des Sturms musste das Zelt um 18 Uhr geräumt werden.

Am Ende blieb Bürgermeister Volker Rübo (l.) nur die Kapitulation - gegen die geballte Macht der alten Weiber hatte er keine Chance. Die bekamen außerdem noch tatkräftige Hilfe vom Kempener Prinzenpaar.

Am Ende blieb Bürgermeister Volker Rübo (l.) nur die Kapitulation - gegen die geballte Macht der alten Weiber hatte er keine Chance. Die bekamen außerdem noch tatkräftige Hilfe vom Kempener Prinzenpaar.

Foto: wolfgang kaiser

Die Schlange vor dem Zelt auf dem Buttermarkt ist lang. Freche Teufel, treu dreinblickende Mönche, fröhliche Marienkäfer, witzige Panzerknacker, Hippies mit gewaltigen Perücken in schrillen Farben, furchteinflößende Piraten, putzige Raubkatzen und auch etliche Kostümierte in plüschigen Kostümen wie Bären, Kühe und Schweine stehen mehr oder weniger geduldig vor dem Einlass, um ein rotes Bändchen zu bekommen, das den Eintritt ermöglicht. 772 Personen sind es nämlich, die rein dürfen, dann ist das Zelt voll. Und das ist es schon lange, bevor auch nur ein Hauch von Möhnen zu sehen ist, die das Rathaus übernehmen wollen. "Der Wettergott meint es gut mit uns. Er hat den Wind vor Kempens Toren gelassen", begrüßt indes Thomas Härtel vom KKV, was einen spontanen lauten Applaus auslöst. "Das hört sich gut an und hat die im Rathaus garantiert wach gemacht. Seid ihr gut drauf?", will Härtel wissen. Die einsetzende Antwort lässt den Holzboden wackeln und die Wände beben. Die Frage hat sich erübrigt.

Die Stimmung ist bestens. Die Jecken schunkeln und singen die bekannten Lieder mit, für die DJ Stefan sorgt. An den Stehtischen wird gelacht und erzählt, es gibt Schnappschüsse mit Smartphones und das erste Bierchen des Tages schmeckt gut. Ein Trupp Chinesen hat sich eingefunden, ein Stückchen weiter steht ein halber Bauernhof und in einer Ecke blinkt und glitzert es. Gleich zwölf Sternschuppen funkeln nämlich, wobei "wir die Steräre-Schnuppen sind", wie Alex betont. Zu jedem Prinz würden sie sich ein neues Kostüm ausdenken. Für Prinz Rainer I. seien sie nun als Sternschnuppen unterwegs, fügt Nicole an.

 Viele kostümierte Möhnen feierten gestern im Festzelt auf dem Buttermarkt.

Viele kostümierte Möhnen feierten gestern im Festzelt auf dem Buttermarkt.

Foto: Kaiser Wolfgang

11.11 Uhr, die eigentliche Eröffnung des Straßenkarnevals, geht im Zelt völlig unter. Die Kempsche Zeit heißt 12.11 Uhr, wie die Einzugsmusik klar macht. Mit den Mariechen auf den Schultern marschiert die Garde ein. Im Schlepptau nicht nur Prinz Rainer I. und seine Lieblichkeit Angelika I., sondern auch Kempens Bürgermeister Volker Rübo samt acht, wahrlich schauerlich anzusehenden Möhnen. "Wir feiern heute in einer bunten Welt unser Fest im Karnevalszelt. Viele Bürger unserer Stadt drehen heute am Rad", reimt KKV-Präsident Heinz Börsch zum Auftakt. Doch dann wird es ernst. Die Möhnen packen Rübo in eine Kittelschürze samt Kopftuch. "Volker, pack deine Taschen. Sei froh, dass du ohne Moos die Schrottimmobilie loswirst. Setzt dich nicht länger zur Wehr, gib den Schlüssel endlich her", kommt es drohend von Möhne Andrea. Das Objekt der Begierde ist groß, golden und sieht irgendwie schon reichlich abgegriffen aus. Der XXL-Schlüssel lockt, und beim Schunkeln mit dem Bürgermeister macht der Schlüssel unauffällig die erste Möhnenrunde. "Es ist mir eine große Freude, euch so zahlreich begrüßen zu dürfen. Ich brauche eure Unterstützung dringender denn je. Die Möhnen werden von Jahr zu Jahr doller", klagt Rübo. Überhaupt sieht er es so, dass die Frauen die Männer bislang nur an den Abenden und den Wochenenden traktierten, aber mittlerweile auch im Dienst ertragen werden müssen. "Wir müssen auf unseren Schönheitsschlaf verzichten und das bekommt uns nicht. Bekanntlich ist der Beamtenschlaf der Beste", berichtet der Bürgermeister aus Eigenerfahrung. Selbst der Prinz habe vor lauter Frauen schon Alpträume, bei dem er unter der Knute der Frauen schwere Akten durchs Rathaus schleppen müsse, wie der Bürgermeister verrät. Rübo holt weit aus und hat die Lacher auf seiner Seite. Ob Rainer I., den er als Sturmprinz bezeichnet, weil er da, wo er auftrete die Atmosphäre lade oder die Einladung, die Rübo an Trump ausgesprochen hätte, damit er die therapeutische Wirkung des Kempener Karnevals genießen könne, die aus jedem Griesgram einen fröhlichen Menschen mache - bevor der Schlüssel endgültig in die Möhnen-Hände fällt darf herzlich gelacht werden. Und wie beschreibt es Rainer I. so betreffend: "In Kempen ist Karneval auf dem Buttermarkt!" Nach Köln oder Düsseldorf muss keiner reisen, die Thomasstadt bietet schließlich alles, was das jecke Herz in diesen Tagen begehrt.

 Nicht nur die Narren im Festzelt wurden Opfer des Sturms, der auch die Kempener Mühle heimsuchte.

Nicht nur die Narren im Festzelt wurden Opfer des Sturms, der auch die Kempener Mühle heimsuchte.

Foto: jungmann

Wegen des Sturms musste das Zelt eine Stunde vor dem offiziellen Ende (19 Uhr) geräumt werden. Der tollen Stimmung tat das aber keinen Abbruch. Die Narren stürmten in die Altstadt-Kneipen und feierten munter weiter.

(tref)
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