Stadt Kempen Innere Einkehr statt weltlichem Tun

Stadt Kempen · Beim Thomastag sprach der evangelische Theologe Volker Leppin über Luther und Thomas.

 Thomas von Kempen ist im Stadtbild nach wie vor sehr präsent.

Thomas von Kempen ist im Stadtbild nach wie vor sehr präsent.

Foto: wk

Als Martin Luther 1483 geboren wurde, war der Kempener Mystiker Thomas à Kempis schon über zehn Jahre tot. Aber was verbindet die beiden? Dieser Frage ging der Tübinger Professor Dr. Volker Leppin am Samstag anlässlich des Thomastages in einem sehr interessanten Vortrag nach. Rund 40 Besucher waren dazu in den Rokokosaal des Kulturforums Franziskanerkloster gekommen.

Der evangelische Theologe und Kirchenhistoriker zeigte interessante Parallelen zwischen Thomas und Luther auf. "Reformation und Reform - die Bedeutung der Devotio moderna für das Verständnis der Moderne" hatte er seinen Vortrag genannt. Anhand von Textbeispielen zeigte er, dass Luther wohl die Schriften von Thomas genau studiert hat. Es gibt inhaltliche Gleichheiten, wie er anschaulich aufzeigte. Zudem geht das Glaubens- und Lebensverständnis beider auf die gleichen Wurzeln der spätmittelalterlichen Kirche zurück. Es war eine Zeit der Zerrissenheit, wie Leppin erinnerte. Es gab die zentrale Macht der Kirchenfürsten. Ihr gegenüber entstand eine zunehmende Laienbewegung aus dem Volk.

In dieser wurde eine neue Spiritualität gepflegt - so wie sie auch Thomas lehrte. Innere Einkehr statt weltlichem Tun wollten diese Gemeinschaften fördern. Die Menschen wollten die enorme Dominanz des Klerus nicht mehr. Die Kleriker machten teils rund zehn Prozent der Bevölkerung eines Ortes aus. Sie wollten nicht einfach einem Diktat folgende Objekte sein, sondern aktive Teilhabe am kirchlichen Leben haben. Bei Thomas steht die Lehre Christi über allem. Darüber soll sich der Mensch definieren. Das Deuten der Schrift soll zum Auslöser einer inneren Frömmigkeit werden. Dies geht dann bei Luther so weit, dass Priestertum sich nicht über die Weihe, sondern die innere Frömmigkeit des Menschen definiert.

Darin, so Leppin, zeigt sich die Nähe der beiden Ansätze eines gottgefälligen Lebens bei Luther und Thomas. So findet sich Luthers Aussage, dass Sünden vergeben werden, wenn man nur umkehrt und einen besseren Weg geht, ebenso in den Schriften der Nachfolge Christi. Auch hier führt er noch einmal mit Luthers "Morgengebet" eine inhaltliche Textgleichheit an. Erst im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils 1962-1965 erhielt die Reformation eine Aufwertung, so der Theologe. Viele ökumenische Bewegungen entstanden. Auch hier waren es wieder Laien, die diesen Weg angestoßen haben. Natürlich ließ dieser Vortrag noch einige Fragen offen. Das sind Themen für die nächsten Thomas-Tage, wie der Vorsitzende des Thomas-Vereins Pfarrer Michael Gallach versprach. Die Verteilung von Vortag und weiteren Veranstaltungen auf das gesamte Wochenende wurde von vielen Besuchern als sehr angenehm empfunden.

(sr)
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