Stadt Kempen Jetzt online: Kempens Stolpersteine
Stadt Kempen · Nach längerer Vorarbeit hat die Kempener Bürgerinitiative "Projekt Stolpersteine" jetzt ihre Homepage online gestellt. Dank professioneller Unterstützung durch ehrenamtliche Helfer präsentiert sich der Internet-Auftritt optisch ansprechend, inhaltlich facettenreich, vor allem aber: informativ.
"Stolpersteine?" Ein kurzer Vorspann macht klar, was der Kölner Künstler Gunter Demnig mit den zwölf mal zwölf Zentimeter großen, mit einer Messingplatte beschlagenen Steinquadern eigentlich beabsichtigt: die Konfrontation unserer Gesellschaft mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit. Auch für Kempen kann die stereotyp vorgebrachte Entschuldigung: "Wir haben nichts gewusst", nicht gelten. Dokumente belegen, dass spätestens 1943 die meisten Bürger über die Vernichtung der Juden durchaus Bescheid wussten - aber nicht darüber sprachen. In der Mädchenoberschule wurde die Habe der Deportierten öffentlich versteigert, viele Kempener fuhren die Schnäppchen auf Bollerwagen davon.
Dargestellt wird auf der neuen Internetseite (www.stolpersteine-kempen.de) auch die Geschichte der Kempener Initiative. In ihrer jetzigen Form bildete sie sich, nachdem 2011 ein erster Antrag des damaligen Stadtverordneten Philipp Wachowiak (Freie Wähler) vom Stadtrat mehrheitlich abgelehnt worden war. Vor allem die Unterstützung durch weiterführende Schulen und die evangelische Kirchengemeinde führte dazu, dass der Rat sich am 16. Dezember 2014 mit deutlicher Mehrheit für die Verlegung von Stolpersteinen in Kempen aussprach.
Im Zentrum freilich stehen die Biografien der Menschen, die von den Nazis verfolgt wurden und vor deren Wohnsitzen die Steine an ihr Schicksal erinnern. Am 15. Dezember 2015 wurden für acht NS-Opfer die ersten Steine verlegt: für den polnischen Kriegsgefangenen Marian Kurzawa, Engerstraße 21; für die jüdischen Schwestern Berta, Johanna und Karoline Berghoff, Engerstraße 38; und für die vierköpfige Familie Mendel: den Viehhändler Andreas Mendel, seine Frau Paula und beider Kinder Kurt und Liesel, Von-Loë-Straße 14. Ausführlich wird dargestellt, wie sie verfolgt wurden, wo und wann sie starben. Nur Kurt Mendel überlebte - als einziger von 36 deportierten Juden aus dem Kempener Stadtgebiet. Auch die Texte, die Kempener Schüler über die Verfolgten erarbeitet haben, sind auf der Seite nachzulesen.
Ein Stadtplan zeigt die Lage der Steine im Stadtgebiet, zahlreiche Bilder machen die Homepage anschaulich. Einen besonderen Service bietet eine Mobilversion: Beim Anblick eines bestimmten Steins erhält der Betrachter per Smartphone genauere Informationen über die Menschen, die von dem Ort, an dem er sich gerade befindet, von der damaligen Kempener Polizei in den Tod transportiert wurden.
Versteht sich, dass die Stolperstein-Seite gepflegt wird: Unter "Aktuelles" wird, sobald bekannt, der nächste Verlegungstermin mitgeteilt werden. Die Biographien und die Schülertexte werden um die neuen Verlegungen ergänzt werden. Und: "Bürgermeister Volker Rübo hat einer Verlinkung der Stolperstein-Homepage mit der städtischen Seite zugestimmt", sagt Ute Gremmel-Geuchen, Sprecherin der Initiative Stolpersteine.
Wer noch mehr nachlesen möchte: Seit Kurzem gibt es auch einen Wikipedia-Artikel über die Kempener Stolpersteine.