Stadt Kempen Judenstraße: Neues Pflaster für die Altstadt

Stadt Kempen · Noch haben die Tiefbauer den ersten Teilabschnitt in der Kempener Einkaufsstraße noch nicht abgeschlossen, da wird von der Kempener Politik schon die spätere Gestaltung der Oberfläche diskutiert. Umgesetzt wird sie im nächsten Jahr.

 Das Maskottchen der Baustelle, "Judinchen", mitten auf dem alten Pflaster der Judenstraße. Im kommenden Frühjahr wird der Straßenbelag mit dem Ende der Tiefbauarbeiten erneuert.

Das Maskottchen der Baustelle, "Judinchen", mitten auf dem alten Pflaster der Judenstraße. Im kommenden Frühjahr wird der Straßenbelag mit dem Ende der Tiefbauarbeiten erneuert.

Foto: Achim Hüskes

Es ist kein leichtes Unterfangen, dass den Verantwortlichen im Kempener Rathaus bevorsteht. Die neue Pflasterung der Judenstraße war schon ein unter Bürgern heiß diskutiertes Thema, da war die aktuelle Tiefbaustelle noch längst nicht eingerichtet. Schuld daran war allerdings die Verwaltung selbst. Die Stadt ließ seinerzeit Musterplatten auf der Judenstraße vor ihrem Verwaltungsgebäude an der Ecke Bockengasse verlegen. Die Platten dienten als Auswahlmöglichkeit für die Gestaltung des Umfeldes des neuen Klosterhofs. Und damals hieß es bereits, sie könnten auch als Gestaltungsmuster für den künftigen Straßenbelag in der gesamten Kempener Altstadt angesehen werden.

 Die beiden Bäume vor der Propstei müssen wegen der Bauarbeiten gefällt werden. Später sollen hier zwei neue Bäume gepflanzt werden.

Die beiden Bäume vor der Propstei müssen wegen der Bauarbeiten gefällt werden. Später sollen hier zwei neue Bäume gepflanzt werden.

Foto: Kaiser

Seinerzeit "bissen" sich etliche Bürger und Passanten der Judenstraße an der Plattierung fest. Nein, so modern wolle man die Kempener Altstadt nicht zugepflastert haben, hieß es unter anderem in Leserbriefen in dieser Zeitung. Die Betonplatten erschienen zu glatt und wenig dem Charakter der historischen Altstadt angemessen. Fakt war aber schon damals, dass die Altstadtstraßen in den nächsten Jahren einen neuen Bodenbelag benötigen - nämlich immer dann, wenn das bisherige Pflaster wegen größerer Kanalsanierungen aufgenommen werden muss.

Das alte Straßenpflaster - es liegt größtenteils bereits seit der großen Altstadtsanierung Anfang der 1970-er Jahre in der Innenstadt - genügt nicht mehr den heutigen Ansprüchen. Es ist nicht besonders rollstuhl- oder rollatorgerecht. Auch Familien mit Kinderwagen müssen manchen Streckenabschnitte wie etwa auf der Kuhstraße kunstvoll umkurven, um auf den Holperstrecken einigermaßen problemlos voranzukommen.

Die aktuelle Tiefbaustelle auf der Judenstraße wird nun zur materiellen Nagelprobe: Stadtverwaltung und Politik wollen bereits jetzt entscheiden, wie die Judenstraße nach dem Abschluss der Tiefbauarbeiten neu gestaltet wird.

"Bei der Gestaltung der neuen Oberfläche der Judenstraße sind Anforderungen eines attraktiven Altstadtbildes und einer Nutzerfreundlichkeit gleichermaßen von Bedeutung", erklärt der zuständige Technische Beigeordnete Stephan Kahl. Gleichzeitig müsse die Stadt bei ihren Planungen auch die Kosten im Blick halten. Anders als bei den üblichen Bauprojekten können die Kosten für die Stadt nicht über Anliegerbeiträge reduziert werden, weil die Straße selbst vor Beginn der Tiefbauarbeiten nicht erneuerungsbedürftig war. Lediglich die Kosten für die neue Straßenbeleuchtung können zur Hälfte auf die Anlieger umgelegt werden.

Die Judenstraße eignet sich aus Sicht der Stadt für das Pilotprojekt ganz gut, weil sie sich durch die Einmündung mehrerer kleiner Gassen und dem gebogenen Straßenverlauf für eine besondere Gliederung anbietet. Als wichtiger Teil des Hauptgeschäftszentrums müssen hier die unterschiedlichen Belange von Stadtgestaltung, Denkmalschutz, Verkehr und Handel berücksichtigt werden.

Die Bereiche der einmündenden Gassen sollen gestalterisch besonders betont werden. Hier sind kleine Platzflächen geplant. "Durch die Verwendung von Betonsteinen mit Natursteinvorsatz (geschliffen und gestrahlt) wird eine optisch ansprechende, rutschsichere und gleichzeitige angenehme Laufoberfläche geschaffen", so Dezernent Kahl in seiner Beratungsvorlage für den Planungs- und den Denkmalausschuss. Für sehbehinderte und blinde Fußgänger ist eine Leitspur aus Basaltpflaster vorgesehen. Das Betonsteinpflaster wird die selbe Oberfläche haben wie die Straßen und Plätze am Klosterhof. Es soll so verlegt werden wie die Gehwegflächen an der Burg- und Orsaystraße.

Vor der Propstei mit dem Pfarrbüro soll der Bodenbelag der Judenstraße eine etwas andere Gestaltung - ähnlich der auf dem Buttermarkt - erhalten. Kleiner Schönheitsfehler: Dezernent Kahl kündigt an, dass die beiden großen Bäume vor dem Pfarrhaus wegen der Tiefbauarbeiten nicht erhalten bleiben können. Sie werden in der zweiten Jahreshälfte gefällt und sollen später bei der Neugestaltung der Judenstraße durch zwei neue Bäume ersetzt werden. Um die Aufenthaltsqualität in diesem Bereich herauszustellen, sollen hier auch wieder Bänke aufgestellt werden. Erhalten bleiben sollen die kleinen Pflanzbeete entlang der Judenstraße. Sie werden derzeit unter anderem für Fassadenbegrünungen genutzt.

Die Stadt hat in der Angelegenheit mit den Geschäftsleuten von der Judenstraße die Gestaltungspläne bereits besprochen. Auch mit dem Behindertenbeauftragten der Stadt wurden sie bereits erörtert. Wolfgang Reinisch, der auch Sprecher des Arbeitskreises behindertenfreundliches Kempen ist, begrüßt das Konzept ausdrücklich.

Kritik kommt indes vom Rheinischen Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). Die dortigen Denkmalexperten schlagen eine kleinteiligere, einheitlichere Pflasterung vor, die einen dunkleren, dem historischen Pflaster ähnlicheren Farbton aufweist. Damit könnte sich der Belag optisch besser an das teilweise in der Altstadt vorhandene Kopfsteinpflaster annähern, so Diplom-Ingenieurin Julia Kollosche-Baumann vom LVR-Denkmalamt. Die von der Stadt gewünschte optische Verbindung zum Klosterhof ist für die Behörde des Landschaftsverbandes "nicht nachvollziehbar, da es sich bei der Pflasterung am Klosterhof nicht um historisches Belagmaterial handelt, das denkmalpflegerisch eine Vorbildfunktion hätte", so Julia Kollosche-Baumann in ihrer Stellungnahme an die Untere Denkmalbehörde der Stadt. Die Stadtverwaltung empfiehlt der Politik, den Anregungen des LVR-Amtes nicht zu folgen.

(RP)
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