Kreis Viersen Keine Geschäfte unterm Tisch

Kreis Viersen · Das Anti-Korruptiongesetz soll Bestechlichkeit und Vorteilsannahme in den Amtsstuben verhindern. In den Rathäusern und beim Kreis sind teurere Geschenke an Mitarbeiter verboten, gegenseitige Kontrollen die Regel.

In Konzernen wird wegen schwarzer Kassen, Bestechlichkeit und Vorteilsannahme ermittelt, Parteispendenaffären und Verstöße bei Auftragsvergaben haben Wirtschaft, Politik und öffentliche Verwaltungen ins Zwielicht gebracht. Der Gesetzgeber hat darauf mit dem „Korruptionsbekämpfungsgesetz“ reagiert.

Im Kreis Viersen hat man die Hausaufgaben gemacht. Vorreiter war die Kreisverwaltung, die schon vor einigen Jahren und vor der Gesetzgebung Mechanismen und Regeln schuf. Mit einer dickleibigen internen Dienstanweisung zur Korruptionsprävention sind alle Kreismitarbeiter konfrontiert worden. Bei Verstößen reagieren die Verantwortlichen ausgesprochen humorlos. Schon der leiseste Anfangsverdacht ist Vorgesetzten unverzüglich zu melden. Das Rechnungsprüfungsamt ist die Speerspitze gegen Korruption im eigenen Haus. „Selbst kleine Lieferaufträge dürfen nur noch schriftlich vergeben werden“, nennt Leiter Günter Auberg ein Beispiel, wo die Prävention beginnt. Niemand soll sich mehr dahinter verschanzen können, sich am Telefon verhört oder unverständlich ausgedrückt zu haben. Das Vier-Augen-Prinzip, also die Gegenkontrolle von bestimmten Arbeitsvorgängen, ist die Regel. Aber es geht nicht nur um die „dicken Aufträge“, beispielsweise bei Baugenehmigungen oder Auftragsvergaben, die in Versuchung führen können. Korruption beginnt bei ganz kleinen Dingen. „Die Annahme von Geld ist ausnahmslos verboten“, erklärt Auberg, und grundsätzlich dürfen beim Kreis keine Geschenke angenommen werden. Auch in der Kempener Verwaltung sind die Stellen, die eine Ausschreibung aufsetzen und später die Aufträge vergeben, personell getrennt. Außerdem setzt Bürgermeister Karl Hensel auf gegenseitige Kontrolle durch das Vier-Augen-Prinzip und Stichproben. Und bei allen Auftragsvergaben sei vorher und nachher das eigene Rechnungsprüfungsamt eingeschaltet. Ergebnis: „Erst im Vorjahr hat uns die Gemeindeprüfungsanstalt bescheinigt, dass alles in Ordnung ist.“

Das war einmal anders. Anfang der 90er Jahre flog ein Beschäftigter im damaligen Wohnungsamt auf und dann raus, weil er bei Spätaussiedlern für die Vermittlung von Wohnungen die Hand aufhielt: Er erweckte bei diesen Wohnungssuchenden geschickt den falschen Eindruck, dass er über die Vergabe entscheide. „Beim Handschlag hat er dann schon mal was dazwischen gehabt“, erinnert sich Hensel.

Ein regelmäßiger, vorbeugender Personalwechsel in den Ämtern hält der Bürgermeister in kleinen Verwaltungen nicht für machbar. „Hier muss ich zwischen Risiko und Qualität abwägen. Bei einer ständigen Umsetzung würde zwangsläufig die Fachkunde leiden.“ Für Hensel ist am wichtigsten: „Unsere Beschäftigten müssen sensibilisiert sein. Und Außenstehende müssen von vornherein wissen, dass sie sich nicht anfüttern und kaufen lassen.“

(RP)
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