Serie Vor 160 Jahren Kempen ist der stadtgeschichtlich wichtigste Ort

Der vom LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in Bonn herausgegebene "Rheinische Städteatlas", der mehr als 150 Stadtrechtsorte nach einem festen Stichwortkatalog bearbeitet, zählt im heutigen Kreis Viersen zu den Gemeinden, die städtischen oder stadtrechtsähnlichen Charakter hatten, folgende Orte: Brüggen, Dülken, Kaldenkirchen, Neersen, Oedt, Süchteln und Viersen. Bis auf Oedt und Kempen liegen alle Städteatlas-Mappen vor. Zusammen mit ihren informativen Kartenbeigaben sind sie für sich im Kern jeweils eine eigene Stadtgeschichte auf hohem wissenschaftlichen Niveau.

Kempen ist zweifellos die historisch bedeutsamste Stadt des heutigen Kreises Viersen. Als kurkölnischer Amtsmittelpunkt, mit Landesburg und einer respektablen Befestigung aus Toren, Türmen, Mauern und Gräben, mit der an Kunstschätzen reichen Kirche und vielen anderen urbanen Elementen mehr, ragte Kempen in Mittelalter und früher Neuzeit in einem fruchtbaren Umland hervor. Lange stellte Kempen das später zur Großstadt aufgestiegene Krefeld in den Schatten.

Die Stadtrechtsverleihung an Kempen durch Erzbischof und Kurfürst Friedrich von Westerburg am 3. November 1294 hob den Ort auch rechtlich hervor. Verglichen mit dem Charme und der Symbolik einer mittelalterlichen Stadterhebung mit Brief und Siegel des Landesherrn oder gar des Kaisers war die administrative Blässe der Annahme der Rheinischen Städteordnung natürlich nicht zu vergleichen.

Das gibt schon der erste Satz der Stadtrechtsurkunde von 1294 zu erkennen: "Allen Lesern der vorliegenden Urkunde wünscht Sifrid, durch die Gnade Gottes Erzbischof der heiligen kölnischen Kirche, Erzkanzler des heiligen Reiches in Italien, Heil und Erkenntnis der Wahrheit."

Die für Kempen ausgestellte Urkunde, die nach ihrem Diebstahl durch einen amerikanischen Soldaten 1945 und ihre Rückkehr nach Jahrzehnten aus den Vereinigten Staaten, ihre ganz besondere Geschichte hat, war auch die Voraussetzung für das bemerkenswerte erste Kempener Stadtsiegel, das bereits 1305 belegt ist. Zwei wichtige heraldische Elemente dieses Siegels finden sich mehr als 700 Jahre später im heutigen Kempener Stadtwappen, eine beeindruckende Kontinuität: die Schlüssel gehören dem heiligen Petrus ("entweder ein Hinweis auf die vormalige Pfarrkirche St. Peter oder auf den Kölner Dom" (Friedhelm Weinforth)) und Mond und Stern als Muttergottes-Symbol (lange irrtümlich als Hinweis auf eine Unterstützung interpretiert, die die Kempener für einen Kreuzzug erbracht hätten).

(plp)
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