Stadt Kempen Kempener Orgeln sind nun auch Kulturerbe

Stadt Kempen · Die Organisten in der Thomasstadt freuen sich darüber, dass die UNESCO die deutsche Orgelbaukunst und -musik als Weltkulturerbe anerkannt hat. Die Musiker wünschen sich mehr Interesse daran.

 Die Orgel in der Kempener Propsteikirche stammt aus der Werkstatt des Lindauer Orgelbauers Winfried Albiez.

Die Orgel in der Kempener Propsteikirche stammt aus der Werkstatt des Lindauer Orgelbauers Winfried Albiez.

Foto: Wolfgang Kaiser

Gerade erst hat die UNESCO die deutsche Orgelbaukunst sowie die deutsche Orgelmusik zum immateriellen Weltkulturerbe erklärt. Grund genug, einmal bei Kempener Organisten zu fragen, was sie davon halten.

Sowohl Stefanie Hollinger, Kantorin der evangelischen Thomaskirche, Christian Gössel von der katholischen Propsteigemeinde St. Mariäe Geburt als auch Ute Gremmel-Geuchen sind sich einig, dass diese Auszeichnung etwas Besonderes ist. Auch wenn alle übereinstimmend sagen, dass es sehr schade ist, die Anerkennung nur auf Deutschland zu beschränken.

Ute Gremmel-Geuchen erwähnt zum Beispiel den hervorragenden Orgelbau der Niederländer, die viele bedeutende Orgeln geschaffen haben. Stefanie Hollinger sagt: "Die Beschränkung auf deutschen Orgelbau und deutsche Orgelmusik finde ich in diesem Zusammenhang sehr einseitig und im Hinblick auf manche rechten politischen Strömungen in unserem Land unglücklich. Die musikalische Kultur hat sich immer über Grenzen hinweg vermischt und befruchtet. Deutsche Komponisten haben in Italien oder Frankreich studiert und viele Ideen und Erfahrungen mitgebracht. Ohne musikalische Anregungen von Komponisten aus anderen Ländern wäre zum Beispiel die Musik von Heinrich Schütz oder Johann Sebastian Bach nie zu so großer Vollkommenheit gereift."

Alle Organisten freuen sich, dass die Orgel mit dem Siegel des Weltkulturerbes zumindest für eine kurze Zeit ins Bewusstsein der Menschen gerückt wird. Und zwar nicht nur als Begleitinstrument des Gottesdienstes, sondern als sehr spezielles Musikinstrument. Orgelkonzerte finden häufig im kleinen Kreis von Zuhörern statt. Das mag vielleicht damit zu tun haben, dass man beim Orgelspiel im Gegensatz zu anderen Konzerten die Musiker nicht sieht, sondern er oder sie auf der Empore sitzt. Dabei ist die Orgel ein vielschichtiges, komplexes und filigranes Instrument, das man beim Hören entdecken kann, sagt Christian Gössel.

Dem stimmen seine Kolleginnen zu. Dass die deutsche Orgelbaukunst nun ausgezeichnet wurde, wundert Gössel kaum. Es gebe kaum ein Land mit einer solchen Dichte wunderbarer Orgeln wie Deutschland. "Es ist ein Schatz, der da liegt", sagt er. Wobei er auch bedauert, dass vielerorts mittlerweile Orgeln in Kirchen regelrecht verrotten, weil sie nicht mehr gespielt werden. Denn eine Orgel lebt nur durch das Spielen und die sorgfältige Pflege. Aber, so Stefanie Hollinger, der Beruf des Organisten ist ein aussterbender. Vielfach gibt es in Kirchen nur noch Ehrenamtler, die sich mit der Kirchenmusik beschäftigen.

Ute Gremmel-Geuchen weist auch auf ein weiteres Detail der Orgelmusik hin: Nicht nur, dass jedes Instrument seine ganz eigene Klangfarbe hat, sondern auch durch den jeweiligen Organisten immer wieder anders ertönt. Jeder Musiker gibt dem Instrument eine ganz eigene Färbung - sei es durch die Wahl der Register, Lautstärke oder Tempi. Sie selbst, die sie die König-Orgel in der Kempener Paterskirche so gut kennt, ist oft erstaunt, wenn sie bei Konzerten Gastorganisten im Kirchenraum sitzend hört. Es klingt immer wieder eine Nuance anders.

(sr)
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