Stadt Kempen Liebfrauenschüler besuchen Flüchtlinge

Stadt Kempen · Schüler des Mülhausener Gymnasiums kamen gestern Morgen im Pfarrheim von Christ-König in Kempen mit Asylsuchenden ins Gespräch. Die Flüchtlinge lernen dort Deutsch. Sie berichteten von ihrer Flucht.

Stadt Kempen: Liebfrauenschüler besuchen Flüchtlinge
Foto: Kaiser

Schüler einer neunten Klasse der Mülhausener Liebfrauenschule wollten einmal nicht nur über Flüchtlinge reden, sondern auch mit ihnen. Deshalb waren sie gestern Morgen zu Gast beim Deutschkursus für Flüchtlinge im Pfarrzentrum von Christ-König im Kempener Hagelkreuz.

Seit einem halben Jahr bereits beschäftigen sich die Schüler der Klasse 9 e im Politikunterricht mit dem Thema "Flucht und Vertreibung". Gerne hatte Lehrer Dr. Thomas Kroppen den Gedanken aufgenommen, mit Flüchtlingen ins Gespräch zu kommen. Jana und Elena aus der Klasse waren bei der Suche nach einer Möglichkeit dazu auf die Seite "Kempen hilft" gestoßen. "Wir wollten etwas für die Flüchtlinge tun, etwas Soziales", sagten die beiden Schülerinnen. Über die spezielle Internetseite der Stadt Kempen zur Flüchtlingshilfe haben sie auch erfahren, dass man keineswegs Lehrer sein muss, um mit Flüchtlingen die deutsche Sprache einzuüben. Mit ihrem Besuch im Sprachkursus wollten sie sich über das Konzept der Lehrgänge orientieren.

Einige der Schüler hatten bereits Kontakte mit Flüchtlingsfamilien. Thomas aus Oedt kennt eine Familie in der Nachbarschaft. "Denen ging's nicht so gut", erzählte er. Denn die Frau war schwanger und die Familie lebte zu viert in einer ganz kleinen Wohnung. Er sei "ein bisschen erschrocken gewesen", erinnerte sich der Neuntklässler. Einige Schüler der Liebfrauenschule haben mit ihrem Computerkursus die "Via Stenden", die Notunterkunft für Flüchtlinge im Wald am Ortsrand von St. Hubert, besucht. Sie haben dort Sachspenden verteilt und mit Kindern gespielt.

Milanek ist gerade als Austauschschüler aus Costa Rica zu Besuch am Niederrhein. Für ihn war es selbstverständlich zu helfen. So hat er in der Pfarrgemeinde mit geholfen, Spenden zu sammeln und an die bedürftigen Flüchtlinge zu verteilen. Für ihren Besuch im Pfarrzentrum von Christ-König hatten sich die Schüler eine Reihe von Fragen überlegt. Wo kommt ihr her, wie war Eure Reise, fühlt Ihr Euch jetzt wohl hier?, wollten sie von den Asylsuchenden, die hier Deutsch lernen, wissen. Begrüßt wurden sie übrigens mit einem Plakat, auf dem "Herzlich Willkommen" in den verschiedenen Landessprachen der Flüchtlinge stand.

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Mit Hilfe der Dozentinnen Martina Borsch und Maria Disselkamp-Weihrauch kam - nach anfänglichem Zögern - das gemeinsame Gespräch in Gang. Vorher gab es noch ein Tipp der erfahrenen Lehrerinnen: am besten langsam und deutlich sprechen und anschließend die Frage noch einmal auf Englisch wiederholen. Im Zweifelsfall übersetzten Flüchtlinge die englischen Fragen ins arabische Farsi. Ein Satz zog sich übrigens durch die meisten Antworten der Flüchtlinge: Sie seien glücklich, hier zu sein.

Die Kursteilnehmer kommen aus dem Irak, aus Syrien oder aus Armenien. Und sie erzählten auch, dass sie eigentlich nicht unter solchen Umständen nach Deutschland hätten kommen wollen. Zwei junge Syrer aus Aleppo berichteten, dass es ihnen in der Heimat vor dem Bürgerkrieg gut gegangen wäre. Aber durch den Krieg wäre alles zerstört, es habe keine Möglichkeit für eine Ausbildung bestanden. Jetzt wollten sie unbedingt so schnell wie möglich lernen. Lange Strecken hätten sie bewältigen müssen. Die Fluchtdauer reichte von 20 Tagen bis zu einem Jahr und acht Monaten - alles unter widrigen Umständen. Da traute sich Lama kaum zu sagen, dass sie mit dem Flugzeug gekommen ist. Sie ist durch den Familiennachzug nach Kempen gekommen, da ihr Mann hier schon als anerkannter Asylbewerber lebt.

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Immer wieder vermischten sich bei den Antworten Deutsch und Englisch. Darüber war Franz Steier, der als Ehrenamtlicher den Kursus begleitet, genauso froh wie Anne Drell, die ebenfalls Unterricht erteilt. So viel wie möglich Deutsch reden, das sagen sie ihren Schützlingen immer wieder. Obwohl an diesem Morgen mit 29 deutschen Schülern eine recht große Gruppe auf gerade einmal zehn bis zwölf Flüchtlinge traf, wurde die Atmosphäre im Laufe des Gesprächs immer entspannter. Dass so wenig Flüchtlinge da waren, hatte einen besonderen Grund: Einige von ihnen, die im Berufskolleg untergebracht sind, reisen jetzt weiter in andere Unterkünfte. Außerdem springen auch Sprachschüler ab, die einen Platz in einem Integrationskursus bekommen haben.

(sr)
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