Stadt Kempen Lieder von Glück, Großmut und Geiz

Stadt Kempen · Der Countertenor Benno Schachtner und die Hamburger Ratsmusik widmeten sich beim Konzert in der sehr gut besuchten Paterskirche ganz dem Werk von Georg Philipp Telemann. Das Publikum applaudierte begeistert.

 Gambistin Simone Eckert (links) hat die "Hamburger Ratsmusik" wiederbelebt. Im Ensemble spielen Anke Dennert und Ulrich Wedemeier.

Gambistin Simone Eckert (links) hat die "Hamburger Ratsmusik" wiederbelebt. Im Ensemble spielen Anke Dennert und Ulrich Wedemeier.

Foto: THOMAS STANGE

Dem häufig unverdient gering geschätzten Komponisten Georg Philipp Telemann war das jüngste Konzert der Kempener Konzertreihe "Musica antica e viva" in der sehr gut besuchten Paterskirche gewidmet.

 Der deutsche Countertenor Benno Schachtner studierte zunächst Kirchenmusik in Detmold, danach Gesang an der Schola Cantorum Basiliensis.

Der deutsche Countertenor Benno Schachtner studierte zunächst Kirchenmusik in Detmold, danach Gesang an der Schola Cantorum Basiliensis.

Foto: Picasa

Telemann (1681 -1767) - zu seinen Lebzeiten berühmter als Bach und Händel - wurde im 19. Jahrhundert als "Vielschreiber" verunglimpft, und erst die wachsende Alte-Musik-Szene vermittelte einen unverstellten Blick auf die Vielfalt und Güte Telemann'scher Werke.

Während die Instrumentalkompositionen des gebürtigen Magdeburgers, der überwiegend in Hamburg wirkte, inzwischen weitgehend erforscht und ediert sind, ist das umfangreiche Vokaloeuvre noch wenig erschlossen. Vor allem die weltlichen Kantaten sind bisher weitgehend unbekannt.

Mit dem Altus Benno Schachtner und dem Instrumentalensemble "Hamburger Ratsmusik" machten nun versierte Musiker und ausgewiesene Kenner dieser spätbarocken Musik, die schon auf den galanten Stil und die Empfindsamkeit vorausweist, bekannt.

Benno Schachtner absolvierte zunächst an der Musikhochschule Detmold ein komplettes Kirchenmusikstudium und wechselte dann an die Schola Cantorum Basiliensis, wo er bei Ulrich Messthaler sein Studium "Alte Musik Gesang" mit dem Master abschloss. Er ist der erste Countertenor, der beim Bach-Wettbewerb in Leipzig im Jahr 2012 zum "Bachpreisträger" gekürt wurde. Die "Akademie für Alte Musik Berlin", die kanadische Tafelmusik "Baroque Orchestra" oder das "Leipziger Barockorchester" sind die instrumentalen Partner des Echo-Klassik-Preisträgers, der bereits mit Dirigenten wie René Jacobs, Hans-Christoph Rademann, Stefan Temmingh sowie Andreas und Christoph Spering zusammengearbeitet hat.

Fußend auf ausgefeilter Technik, vermittelte dieser Countertenor dem Hörer das Gefühl unangestrengten Singens - bruchlos von der weit ausschwingenden, niemals forcierten Tiefe über eine ausgeglichene Mittellage bis zu freier, sehr beweglicher und beachtlicher Höhe. Zu Anfang störten in diesem Extrembereich noch einige Forte-Schärfen, die im Laufe des Konzertes gänzlich verschwanden. Überhaupt wurde, auch was die Ausdrucksvielfalt und die Farbenscala betrifft, der Gesang im Laufe des umfangreichen Vokalparts immer vollendeter. Sieben (!) Kantaten - alle dreiteilig (Aria - Rezitativ - Aria) mutete sich der Sänger zu - eine mehr als beachtliche Leistung - alleine was die stimmliche Beanspruchung betraf.

Doch Schachtner schien Spaß an der von ihm großartig auf den Punkt gebrachten tonmalerischen Ausdeutung der mal tiefsinnigen, dann wieder humorigen Texte zu haben, die von Glück, Falschheit, Großmut, dem Geiz, einer Betrachtung über das Verrinnen der Zeit oder von der unerschütterlichen Hoffnung handeln.

Die "Hamburger Ratsmusik" - bestehend aus Anke Dennert am Cembalo, Simone Eckert, Viola da gamba, und Ulrich Wedemeier, Theorbe und Barockgitarre - waren die spieltechnisch untadeligen und bezüglich der Stilsicherheit hoch kompetenten Mitgestalter des Sängers. Ihr homogenes, äußerst lebendiges Musizieren trug maßgeblich dazu bei, dass das Zuhören für die Zuhörer immer spannend blieb.

Eine Ouvertüre für Cembalo solo (Anke Dennert), ein Telemann- Werk, das Ulrich Wedemeier für Gitarre solo bearbeitet hatte und zwei Fantasien, von Simone Eckert auf ihrer Viola da gamba aus dem Jahre 1685 hingebungsvoll interpretiert, bildeten die instrumentalen Ruhepunkte des Konzertes, für das die Besucher begeistert dankten.

Das Kempener Konzert wurde vom WDR aufgezeichnet. Es wird am Freitag, 3. März, ab 20.04 Uhr im Radio auf WDR 3 ausgestrahlt.

(RP)
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