Serie Die Errichtung Des Willicher Friedenskreuzes (2) Männer beten um den Frieden

Kempen · Anfang 1947 rief das Katholische Männerwerk nach den Schrecken des zu Ende gegangenen Krieges zur Errichtung von Friedenskreuzen auf. Daraufhin wurde in Willich in der Nacht zum Passionssonntag eine Gedenkstätte angelegt.

 Am 4. April, dem Karfreitag des Jahres 1947, begann im kriegszerstörten Krefeld die Wallfahrt eines in der Seidenstadt hergestellten Friedenskreuzes durch das Bistum Aachen. Sie kam auch durch Neersen, Schiefbahn und Kempen. Um ihre Verbundenheit mit dieser Prozession zu zeigen, die ihren Ort nicht berührte, hatten die Willicher ihr Friedenskreuz aufgestellt.

Am 4. April, dem Karfreitag des Jahres 1947, begann im kriegszerstörten Krefeld die Wallfahrt eines in der Seidenstadt hergestellten Friedenskreuzes durch das Bistum Aachen. Sie kam auch durch Neersen, Schiefbahn und Kempen. Um ihre Verbundenheit mit dieser Prozession zu zeigen, die ihren Ort nicht berührte, hatten die Willicher ihr Friedenskreuz aufgestellt.

Foto: August Brecher, Im Kreuz ist Heil

Willich Willich, am Passionssamstag, 22. März 1947: Mehr als 800 katholische Männer brechen um 23 Uhr vor der Pfarrkirche St. Katharina auf, ziehen unter Führung der Pfarrgeistlichkeit betend und singend über die Hochstraße (heute Kreuzstraße) und die Neusser Straße dorthin, wo an der Spitze des Grundstücks, wo die Schmiede von Peter Willms steht, das neue Friedenskreuz aufgepflanzt werden soll. Viele im Ort haben an der Herstellung dieses Mahnmals Anteil genommen und Hilfe dafür geleistet. Der Landwirt Hans Binger vom Nauenhof hat das Eichenholz gespendet. Daraus hat der Stellmachermeister Peter Dohmganz das Kreuz gefertigt. In den fertiggestellten Querbalken hat der Holzschnitzer Stefan Baer einen kurzen Text und die Jahreszahl 1947 geschnitten. Das Trägerfundament schließlich hat der Huf- und Wagenschmiedemeister Jakob Blassen gefertigt.

Jetzt soll das Friedenszeichen auf den vier Quadratmetern, die Peter Willms der katholischen Pfarrgemeinde per Handschlag geschenkt hat, feierlich errichtet werden. Viele Kriegsversehrte gehen in dem langen Zug mit. An der Spitze, gleich hinter Willichs Pfarrer Joseph Schuwerack, getragen von mehreren Männern, schwankt das fünf Meter hohe Kreuz.

An der idyllisch gelegenen Ecke Martin-Rieffert-Straße, Hardt und Ritterstraße hält der Kreuz-Zug an, und ein riesiger Halbkreis formiert sich. Wo die drei Straßen aufeinandertreffen, wird das sieben Zentner schwere Kreuz unter andächtigen Gebeten in den Boden gepflanzt. Der Kirchenchor, damals noch MGV 1820 genannt, stimmt einen Choral an.

"Männer beten um den Frieden" lautet die Inschrift auf den Querbalken. Wilhelm Brandenburg, Kaplan in Willich von 1946 bis 1948, erläutert den kurzen Text: In der von Hunger und Not geprägten Nachkriegszeit sei das Kreuz ein Symbol für die Sehnsucht der Menschen nach innerem und äußerem Frieden. Dann nimmt Joseph Schuwerack die Einweihung vor.

Damals ist das Willicher Friedenskreuz eines von vielen, die am Niederrhein aufgepflanzt werden. Sie stehen im Zusammenhang mit einer Kreuzwallfahrt, zu der im März des Jahres 1947 der Aachener Bischof Johannes Joseph van der Velden aufgerufen hat. Einen "Gebetskreuzzug" hat der Bischof diese landesweite Prozession genannt.

Am 4. April, dem Karfreitag des Jahres 1947, beginnt die Wallfahrt im kriegszerstörten Krefeld mit einem vom Stadtdechanten Dr. Gregor Schwamborn zelebrierten Gottesdienst. Der Kreuzzug soll mit einer gewaltigen Kundgebung in Aachen enden, und so wird das Kreuz, unter dem er stattfindet, das "Aachener Friedenskreuz" genannt.

Mit diesem Kreuz an der Spitze durchziehen nun 200.000 Teilnehmer mehrfach das Bistum Aachen. Natürlich nicht alle auf einmal, sondern in kleinen Gruppen, die sich von Gemeinde zu Gemeinde abwechseln.

Jeweils an der Grenze zwischen zwei Pfarrbezirken wird das Kreuz von den Männern der einen Gemeinde an die der anderen übergeben. Auf diese Weise erreicht das Aachener Friedenskreuz am 17. Mai 1947 Neersen. Dort haben die Nazis 1933 an der Neustraße eine "Adolf-Hitler-Eiche" gepflanzt. Die ist nach dem Krieg aufgrund eines Gemeinderatsbeschlusses gefällt und durch eine "Friedenseiche" ersetzt worden. Als nun der Gebetskreuzzug durchkommt, wird vor dem Baum ein Friedenskreuz eingepflanzt.

Am Abend des 18. Mai 1947 kommt das Aachener Friedenskreuz von Neersen aus in der Pfarre Schiefbahn an. Dazu berichtet damals die Rheinische Post: "In den frühen Abendstunden zogen unter Führung der Pfarrgeistlichkeit viele Neersener Männer betend und das mächtige Kreuz vorantragend in Richtung Schiefbahn, wo sie an der Pfarrgrenze, am Bahnhof Schiefbahn-Nord, mit den Schiefbahner Männern und der Pfarrgeistlichkeit zusammentrafen. Die kreuzbringende Pfarre begrüßte die Schiefbahner Männer mit dem altchristlichen Gruß ,Der Friede sei mit Euch!', worauf durch die kreuzempfangende Pfarre mit ,Und mit Deinem Geiste!' geantwortet wurde. Gebet und Gesänge folgten." Am nächsten Tag erreicht die Prozession Anrath, von wo es nach Kempen weiter geht.

Alt-Willich ist bei dieser riesigen Wallfahrt keine Station gewesen. Mit dem Friedenskreuz, das sie in der Nacht zum Passionssonntag 1947 errichteten, verfolgten die Einwohner die Absicht, an der Prozession Anteil zu nehmen, auch wenn sie nicht durch ihren Ort kam. Ihr Ziel war, teilzuhaben an der Demonstration für Frieden und geordnete Verhältnisse, auch wenn sie nicht mitziehen konnten.

(RP)
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