Stadt Kempen Musik der Lebens- und Sinnenfreude in der Paterskirche

Stadt Kempen · Renaissance-Musik klingt oft ernst und streng. Dabei war die Renaissance, als sie das Mittelalter ablöste, doch eine Epoche der Lebens- und Sinnenfreude. Im ausverkauften "Musica antica e viva"-Konzert ließ sich ein Eindruck davon gewinnen, dass es damals auch in der Musik recht heiter zugehen konnte, dass mit Musik auch gefeiert, getanzt und gelacht wurde. Und nicht nur das: auch die Kreativität kam nicht zu kurz. Musik entstand nicht nur durch Komponieren, sondern auch durch Improvisieren.

Genau hier setzte die spanische "Accademia del Piacere" in der ausverkauften Paterskirche an. Das Ensemble gab einen höchst lebendigen Einblick in die spanische Musik des 16. und 17. Jahrhunderts. Die Namen der aufgeführten Komponisten dürften auch einem eifrigen Konzertbesucher nicht unbedingt viel sagen. Na ja, Josquin Desprez schon. Aber wer kennt schon Antonio de Cabezón, Santiago de Murcia oder Gaspar Sanz?

Aber darauf kam es auch nicht an. Beides kam vor: mal wurde der Notentext der Kompositionen genau beachtet, mal diente er als Ausgangspunkt für Improvisationen. Und die hatten es in sich!

Musikalischer Chef und spiritus rector ist Fahmi Alqhai. Der Gambist erwies sich als Meister des Improvisierens. Es fehlte ihm nicht an Einfällen, und die setzte er mit einer fabelhaften Technik in Klang um. Das Tempo, mit dem seine Finger übers Griffbrett jagten, ließ immer wieder staunen. Johanna Rose und Rami Alqhai vervollständigten auf unterschiedlich hohen Gamben den Klang, wobei vor allem die tiefe Gambe als Bassinstrument gelegentlich gezupft wurde. Vervollständigt wurde das Quintett durch Miguel Rincón mit der Barockgitarre und Agustín Diassera mit Perkussionsinstrumenten. Beide glänzten ebenfalls mit virtuosen Improvisationen, auf der Gitarre genau so wie auf den Schlaginstrumenten. Es war faszinierend zu erleben, welch unterschiedliche Klangfarben aus einer Handtrommel gezaubert wurden. Eine typisch spanische Komponente, die schon südamerikanische Einflüsse verriet, war unüberhörbar. Ostinate Rhythmen wiesen schon auf heutige lateinamerikanische Tänze hin. Als Echo spanischer und portugiesischer Kolonial- und Sklavenpolitik flossen im 16. und 17. Jahrhundert afroamerikanische Elemente in die iberische Tanzmusik ein.

Zwei Zugaben durfte das begeistert applaudierende Publikum noch hören. Eine handelte vom Hüten der Kühe. Offensichtlich war das seinerzeit keine gemächliche Tätigkeit, denn musikalisch war dabei viel Tempo im Spiel.

(-tr)
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