Stadt Kempen Naue will Standort Tönisberg aufgeben
Stadt Kempen · Der Hersteller von Spezialfolien will seine Produktion von Tönisberg zum Hauptsitz des Unternehmens in Espelkamp verlagern. Dadurch erhält die Diskussion um die Zukunft des ehemaligen Zechengeländes neue Nahrung.
Wie lange noch wird die Firma Naue auf dem Gelände der früheren Schachtanlage Niederberg IV in Tönisberg Spezialfolien und andere Geokunststoffe herstellen? Ging man in Kempen bislang davon aus, dass das Unternehmen mit Hauptsitz in Espelkamp-Fiestel den Standort auf dem Wartsberg auch weiterhin behalten wolle, ist diese Ansicht seit gut eineinhalb Wochen überholt. Der Geschäftsführende Gesellschafter des Unternehmens, Alexander Naue, bestätigte gestern Informationen der Rheinischen Post, das sein Unternehmen die Produktion in Espelkamp in Ostwestfalen zusammenziehen und damit den Standort in Tönisberg mittelfristig aufgeben will. Der Technische Beigeordnete der Stadt Kempen, Stephan Kahl, informierte gestern Abend den Denkmalausschuss des Stadtrates über die Naue-Pläne.
Wie Alexander Naue der Rheinischen Post erklärte, will sein Unternehmen in den kommenden Jahren die Produktion auf dem Wartsberg aufgeben. Hintergrund ist, dass Naue das Areal auf dem ehemaligen Zechengelände vom Eigentümer der Ruhrkohle-Tochter RAG Montan Immobilien GmbH nur gemietet hat. "Wir haben vor etwa einem Jahr den Versuch unternommen, das Gelände zu kaufen. Das war leider nicht möglich", so Naue gestern zur RP. Das Unternehmen darf seit Jahren nur mit einer Ausnahmegenehmigung der Bezirksregierung Düsseldorf auf dem ehemaligen Zechengelände produzieren. Eine Ausweitung der Produktion ist dort nicht möglich.
Wann der Standort konkret aufgegeben wird, stehe noch nicht fest, sagte Alexander Naue. Das werde in diesem und wohl auch im kommenden Jahr nicht der Fall sein. Aber ab 2017 sei dies schon denkbar. Die Geschäftsleitung hat bereits Gespräche mit dem Betriebsrat und der Belegschaft geführt. Alle 41 Mitarbeiter am Standort Tönisberg seien informiert. Sie erhalten nach Angaben von Naue das Angebot, an den Standort Espelkamp-Fiestel zu wechseln. Ob das allerdings viele Beschäftigte machen werden, ist eher unwahrscheinlich. Der Hauptsitz des Unternehmens im Landkreis Minden-Lübbecke nördlich von Bielefeld an der Grenze zu Niedersachsen liegt von Tönisberg aus gut zwei Autostunden entfernt. Daher will die Geschäftsleitung mit dem Betriebsrat auch über einen Interessensausgleich verhandeln.
Geschäftsführer Naue betonte, dass die Entscheidung, die Produktion von Tönisberg nach Espelkamp zu verlagern, nichts mit der Diskussion um den Denkmalschutz der benachbarten ehemaligen Zechengebäude zu tun gehabt habe. Gerüchte, Naue wolle die Produktion nach Malaysia verlagern, bezeichnete er als Unsinn. Das Unternehmen habe zwar dort bereits eine Produktionsstätte, aber dies sei nicht der Grund für die Schließung des Werks in Tönisberg, betonte Alexander Naue. Aus Sicht der Stadt Kempen ist die Entscheidung der Firma ein herber Rückschlag bei ihren Bemühungen der vergangenen Monate, dem Unternehmen den Standort auf dem früheren Zechengelände langfristig zu sichern. Dafür hatte sich die Stadt stets in ihren Gesprächen mit der RAG und der Bezirksregierung eingesetzt. Die RAG hatte - auch für Naue - erhebliche Investitionen etwa in die Wasserver- und entsorgung getätigt. Die Stadtwerke Kempen hatten von der RWE das alte Blockheizkraftwerk übernommen und wollen auf dem Zechengelände ein modernes Kraftwerk für die benachbarte Wartsbergsiedlung errichten. Die Firma Naue spielte zuletzt auch eine große Rolle in den Überlegungen von Stadt und Stadtwerken, die Fernwärmeversorgung der Siedlung umweltfreundlicher zu gestalten. Ein entsprechendes Gutachten der Hochschule Düsseldorf hatte dazu empfohlen, mit der Firma Naue Gespräche zu führen, um die Abwärme, die bei der Produktion der Spezialfolien entsteht, für die Wärmeversorgung der Siedlung mit zu nutzen. Dies dürfte nun hinfällig sein. Kempens Technischer Beigeordneter Kahl kommentierte dies gestern im Gespräch mit der Rheinischen Post mit der Bemerkung: "Da bricht uns ein elementarer Baustein unseres Konzeptes zur künftigen Quartiersentwicklung am Wartsberg weg."
Ob in der Nachfolge von Naue an dem Standort überhaupt noch einmal Gewerbe angesiedelt werden kann, hängt von der Bezirksregierung Düsseldorf ab. "Für uns ist die neue Entwicklung alles andere als erfreulich", sagte Dezernent Kahl. Die Stadt bemüht sich kurzfristig um ein Gespräch mit der Bezirksregierung. Auch die Zukunft der seit einigen Monaten unter Denkmalschutz stehenden Gebäude wie dem Zechenturm erscheint nun unter einem völlig neuen Licht.