Stadt Kempen Neue Aufgabe für den Brückenbauer

Stadt Kempen · Bjarne Norlander ist neuer Flüchtlingskoordinator der Stadt Kempen. Der heute 72-Jährige leitete viele Jahre das Jugendfreizeitzentrum "Mounty" in Tönisberg. Auch im Ruhestand engagiert er sich ehrenamtlich auf vielfältige Weise.

 Bringt viel Erfahrung für seine neue Aufgabe mit und ist in Kempen gut vernetzt: Bjarne Norlander wurde von der Stadt reaktiviert.

Bringt viel Erfahrung für seine neue Aufgabe mit und ist in Kempen gut vernetzt: Bjarne Norlander wurde von der Stadt reaktiviert.

Foto: RP-Foto (Archiv) Kaiser

Eigentlich könnte der ehemalige Leiter des Jugendfreizeitheims "Mounty" in Tönisberg, Bjarne Norlander, seinen Ruhestand genießen. Aber sein soziales Engagement lässt den 72-Jährigen nicht los. Seit Kurzem ist er als Koordinator für das vielfältige ehrenamtliche Engagement von Kempener Bürgern für Flüchtlinge, die in der Thomasstadt leben, mit einer Teilzeitstelle für die Stadt Kempen tätig. Dies sei eine ganz wichtige Aufgabe, wie Kempens Sozialdezernent Michael Klee gestern im Gespräch mit der Rheinischen Post betonte. Denn sämtliche Initiativen zur Integration von Asylsuchenden müssen irgendwo zusammen laufen. Nur so könne man alle Energien sinnvoll bündeln und auch manchen Frust bei den Ehrenamtlern vermeiden. Denn auch das sei wichtig, so Klee. Man solle nie vergessen, dass auch die ehrenamtlichen Helfer eine fachliche Begleitung benötigen.

Da ist sich der Sozialdezernent mit seinem neuen Mitarbeiter Bjarne Norlander einig. Der ehemalige Mitarbeiter des Jugendamtes, der längst in Ruhestand ist, erzählt, dass er gefragt wurde, ob er für diese Aufgabe bereit wäre. Denn er verfügt durch seine frühere Tätigkeit über ein breites Netzwerk an Kontakten. Und er habe sowieso schon gemeinsam mit seiner Frau überlegt, was man tun könne. Durch sein ehrenamtliches Engagement für den früheren deutsch-polnischen Freundschaftsverein "Most" - er organisierte unter anderem einen Austausch von Jugendlichen aus Kempen und der Stadt Ulanów im Osten Polens - hat er auch bereits Erfahrung im Umgang mit anderen Kulturen sammeln können. "Most" ist polnisch und heißt "Brücke" und so versteht sich Norlander auch jetzt als Brückenbauer.

Dabei hat der gebürtige Däne, der schon seit mehr als 30 Jahren in Kempen lebt, viel zu tun. Das reicht von der Beschaffung von Möbeln für Flüchtlingswohnungen über die Suche nach Unterkünften oder auch die Beratung der Asylsuchenden im Umgang mit Behörden. Und oft ist schon die Suche nach einem Dolmetscher schwierig. Alle Anfragen werden an ihn weitergeleitet und er koordiniert dann die möglichen Hilfen. "Man muss wissen, wer für was zuständig ist", sagt er. Ausdrücklich lobt er dabei die Zusammenarbeit mit dem Sozialamt.

Gerne würde er noch einen Kreis von Ehrenamtlichen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren, gründen. In einem solchen Kreis wäre der Erfahrungsaustausch wichtig, aber auch die Möglichkeit neue Impulse zu bekommen oder einfach mal Enttäuschungen los zu werden. Denn nicht immer wird die Hilfe angenommen. Norlander weiß von Angeboten, wo sich viele Flüchtlinge angemeldet haben, aber nur wenige tatsächlich kommen. Ein Problem, das auch Dezernent Klee kennt. Denn wer als Flüchtling eine Bleibeperspektive von vielleicht nur einem Jahr hat, resigniert schnell.

Norlander schätzt sehr, dass mit dem Begegnungszentrum in der früheren Johannes-Hubertus-Schule in St. Hubert ein zentraler Treffpunkt geschaffen wurde. Hier erhalten auch Asylbewerber, die noch keinen Integrationskursus besuchen dürfen, Deutschunterricht. Sprachkenntnisse seien wichtig. Das kann er, der gebürtige Däne, erst recht beurteilen. Norlander erzählt, dass manche Flüchtlinge zunächst lesen und schreiben lernen müssen. Auch darin wird er von Klee bestätigt. Also geht es nicht nur um Sprache lernen, sondern manchmal auch um Alphabetisierung. "Sprache lernen öffnet Türen", sagt Norländer. Er fordere die Flüchtlinge immer wieder auf, auch in der Familie deutsch zu sprechen.

Ein weiteres Anliegen ist ihm, dass sich Asylbewerber aktiv in das städtische Leben einbringen. Egal, ob das im Sportverein, im Chor oder vielleicht sogar im Kleingartenverein ist. Dazu möchte er eine Fragebogenaktion starten, was die Flüchtlinge gerne machen möchten und dann die dazu passenden Vereine zu einem Treffen einladen.

Unterstützung erhält Norlander durch den Diplom-Soziologen Frank Jessen aus Duisburg. Dezernent Klee hält diese Kombination für sehr gut. Einmal ein Mitarbeiter, der in Kempen gut vernetzt ist, zum anderen einen externen Berater. Denn, so Klee, die Flüchtlingsfrage mit all ihren Feldern ist eine große Zukunftsaufgabe. Die Gesellschaft werde sich dadurch verändern, eben auch in Kempen. Darauf müssten sich alle einstellen.

(sr)
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