Kreis Viersen Pflege wird für den Kreis immer teurer

Kreis Viersen · Die Zahl der Pflegebedürftigen ist in vier Jahren um 11,6 Prozent gestiegen. Der Kreis Viersen muss einspringen, wenn die Kosten nicht von der Pflegeversicherung und dem Vermögen gedeckt werden können.

In der Chefetage des Kreishauses blickt man mit Sorge auf die steigende Zahl von pflegebedürftigen Menschen, die Heimaufenthalte nicht mehr aus der eigenen Tasche bezahlen können. Das macht sich im Kreishaushalt bemerkbar, denn der Kreis muss einspringen, wenn Pflegeversicherung und Vermögen nicht ausreichen. "Das wirkt sich dann auch durch die Kreisumlage auf unsere Städte und Gemeinden aus", sagt Sozialdezernentin Katarina Esser. Und sie rechnet mit weiter steigenden Kosten, aber sie ist mit Prognosen noch zurückhaltend. Nach einer Mitteilung des Statistischen Landesamtes ist die Zahl der Pflegebedürftigen, die alle zwei Jahre erhoben wird, von 10.004 im Jahr 2011 über 10.753 (2013) auf 12.005 im Jahre 2015 gestiegen - insgesamt um 11,6 Prozent, zuletzt aber mit einer deutlicher Beschleunigung.

Im Kreishaushalt schlugen sich die Kosten für Pflegewohngeld und Hilfe zur Pflege in Einrichtungen (Pflegestufe 0 bis III) 2014 mit 16,26 Millionen Euro nieder, für 2016 sind 18,78 Millionen Euro veranschlagt, ein Anstieg innerhalb von zwei Jahren um fast 16 Prozent. In diesen Zahlen sind nicht die Kosten für ambulante Leistungen erfasst. Geht das so weiter, könnte man von einer finanziellen Zeitbombe reden. Esser ist mit Prognosen vorsichtig, doch rechnet sie mit weiter steigenden Kosten.

Das ergibt sich mit einem Blick auf die Bevölkerungsentwicklung. "Wir leben länger und werden mehr Hochbetagte haben. Das führt zu einem Anstieg der Pflegebedürftigen", erläutert sie. Ob er nun steil nach oben gehe oder sich allmählich entwickle, hänge auch vom medizinischen Fortschritt und einem Lebensstil mit Vorsorge ab: "Welche Verantwortung übernehmen die Menschen für die eigene Gesunderhaltung?" Das alles sei nur schwer abzuschätzen.

Von der Reform der Pflegeversicherung erwartet die Sozialdezernentin keine Entlastung für die öffentlichen Kassen. Vielmehr werde eine etwa eine halbe Million dementiell erkrankter Menschen hinzukommen. Höhere Zuschüsse zu den Pflegekosten würden wahrscheinlich schon bald wieder durch erhöhte Pflegesätze aufgefressen. Dies könnten nicht alle Pflegebedürftigen aus der eigenen Geldbörse bezahlen.

Oft sei das eigene Vermögen schnell aufgezehrt, so dass dann die Solidargemeinschaft Kreis einspringen müsse. Die Schere zwischen echten Kosten und Versicherung öffne sich weiter, die Versicherung sei eben nur "teilkasko". Darum müsse sich die Politik noch viel intensiver kümmern. Trotzdem, betont Esser, soll "jeder alte Mensch wissen, dass er gut versorgt wird".

Deshalb arbeitet der Kreis auch mit beim Aufbau eines Netzes der ambulanten Versorgung, denn 95 Prozent der Menschen sagten immer wieder, sie möchten zu Hause alt werden. In allen Kommunen gebe es Seniorenberatung mit Pflegestützpunkten, Beratungen für eine gerontopsychiatrische Versorgung, Tages- und Kurzzeitpflege. Esser ist zuversichtlich, dass sich auch ambulant betreute Wohngemeinschaften etablieren und zunehmend "niederschwellige Dienste" angeboten werden, die die selbstständige Lebensführung unterstützen.

"Wir brauchen den Aufbau zukunftsfähiger Gemeinschaften mit einem Netz unterschiedlicher Hilfeleistungen", sagte Esser, die auf ein Modellprojekt in Kempen-Hagelkreuz hinwies, wo ein altersgerechtes Quartier entwickelt werden soll mit einem Mix aus professionellen und ehrenamtlichen Dienstleistungen zur familiären Unterstützung.

(RP)
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