Kempen Reed, der Farbenkomponist

David Reed geht gern auf Auktionen, um Bilder zu kaufen. Meist sind es seine eigenen - Arbeiten aus früheren Jahren, die verkauft waren und nun wieder auf den Markt kommen. "Ich liebe es, die Arbeit daran dann noch einmal aufzunehmen und fortzusetzen. Kunst ist niemals fertig", sagt er. Und so ist es kein Wunder, dass der 68-Jährige in dem brandneuen Werk, das er jetzt im Museum Haus Lange zeigt, auch viele Elemente aus frühen Jahren aufgreift.

"The Mirror And The Pool" ist keine Ausstellung für Anfänger. Reed verlangt intensive Beschäftigung, damit seine Malerei die Ozeantiefe unter der lockenden Farboberfläche preisgibt. Für die Villa Esters hat der Künstler ein Gemälde geschaffen, das sich durch die Räume fortsetzt, von Mauern unterbrochen wird, sich an rückwärtigen Wänden spiegelt. Es ist ein bisschen wie Kino - und das Cinemascope-Format ist typisch für das Oeuvre des New Yorkers, der zu den einflussreichsten Künstlern des Gegenstandslosen in den Vereinigten Staaten gehört.

Die Malereistreifen trennen die Wände auf halber Höhe. Das ist Reeds Art, die von Bauhaus-Architekt Mies van der Rohe konzipierte Raumwirkung aufzubrechen. "Ich zerstöre sie. Aber andererseits konserviere ich sie", sagt Reed. Künstlerische Widersprüchlichkeit ist bei ihm Prinzip. Die Architektur ist nicht sichtbarer Teil des Bildes. Wo eine 15 Zentimeter dicke Mauer den Fluss der Farbornamente unterbricht, ist eine Fehlstelle. Die malerische Fortsetzung gibt vor, hinter der Wand verborgen zu sein. Werden die Bildteile in einer späteren Ausstellung zusammengesetzt, wird die Lücke offenbar. "Das Mies'sche Haus wird an diesem anderen Ort mitgedacht werden", erklärt Reed.

Er hatte schwere Träume, als er sich auf die Architektur des Hauses eingelassen hat. Er wollte sein Gemälde durch die Räume "schwimmen" lassen, erzählt er. Viele Farben hat er ausprobiert. Ein Traum von einem Swimmingpool hat ihn auf ein lichtes Blau gebracht, das meterweise die Wände flutet. Am Anfang steht noch ein bedrohliches Schwarzgrau. "Das symbolisiert meine Angst vor dem Ertrinken in dieser Aufgabe", erzählt Reed.

Dass Reed sich bis Ende der 1960er Jahre einer vom Abstrakten Expressionismus inspirierten Landschaftsmalerei gewidmet hat, bevor er sich der vom Minimalismus geprägten Abstraktion zuwandte, ist hier ablesbar. Acryl- und Ölfarben hat er übereinandergeschichtet, hat Schablonen eingesetzt, um malerische Gesten aus den 1970er Jahren mit neuen abstrakten Motiven zu kombinieren. Der wirkungsvollste Effekt ist eine Interferenzfarbe: eine Farbe, die im Licht ihren Ton ändert. Wer am Bild entlanggeht, erlebt, wie leichtes Meerblau Yves-Klein-Intensität erlangt und sich in sattes Dunkelviolett verwandelt. Die Malerei scheint zu leben, der Blick gerät ins Schwimmen.

Dieses Gefühl kennt Reed von seinem ersten Besuch an der Wilhelmshofallee in den 90er Jahren. Damals hat er den Yves-Klein-Raum besucht. Jenes fast immer verschlossene Zimmerchen hat Yves Klein seinerzeit mit einem speziellen Weiß gestrichen. Hier darf jeder nur einzeln eintreten. Wenn sich hinter ihm die Tür schließt, wird er in dem absoluten Weiß jedes Raumgefühl verlieren: Ecken, Kanten, Begrenzungen sind nicht mehr wahrnehmbar. Das Erlebnis, sagt Reed, hat ihn beeindruckt: "Meine Arbeit ist eine Hommage an Yves Klein. So umgürtet sein Malerei-Band raffiniert die Wände des Klein-Raums und lässt an jeder Leinwandkante Anspielungen entdecken.

Einen Zugang zu Reeds Arbeitsweise gibt es im Obergeschoss. In Skizzen, Farbstudien und Notizen legt er seine Arbeitsweise offen.

An jedem Sonntag wird der Yves-Klein-Raum-für Besucher der Ausstellung zugänglich sein.

(RP)
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