Stadt Kempen Scherben der Altstadt und andere Schätze

Stadt Kempen · Das städtische Kramer-Museum beteiligte sich am Sonntag am Internationalen Museumstag. Die aktuelle Ausstellung "Das Haar der Maria" und auch das Keramik-Depot wurden in Führungen vorgestellt.

 Am Museumstag wurde nicht nur das Keramikdepot gezeigt. Auch die Führung durch die aktuelle Ausstellung "Das Haar der Maria" zur Marienwallfahrt in Kempen stieß auf reges Interesse.

Am Museumstag wurde nicht nur das Keramikdepot gezeigt. Auch die Führung durch die aktuelle Ausstellung "Das Haar der Maria" zur Marienwallfahrt in Kempen stieß auf reges Interesse.

Foto: ACHIM HÜSKES

Einmal einen Blick hinter die Kulissen tun, machte am Sonntag das Kempener Kramer-Museum im Rahmen des Internationalen Museumstages möglich. "Museum. Gesellschaft. Zukunft" hieß das Motto des Tages. Das versprach nicht nur freien Eintritt ins Museum, sondern auch eine Sonderführung durch das Depot für Keramiken im Museum. Dr. Ingeborg Unger, die ehrenamtlich die Sammlung betreut, zeigte die sonst nicht öffentlich zugänglichen Schätze. Die studierte Kunsthistorikerin arbeitete lange bei der Fritz-Thyssen-Stiftung und auch im Kölner Stadtmuseum. Ihr Spezialgebiet ist Steinzeug.

Trotzdem war die Schar der Besucher überschaubar, aber Dr. Unger zeigte sich über das Interesse erfreut. Schließlich fand die Führung zu einem unglücklichen Zeitpunkt um 13 Uhr statt, also zu einer Uhrzeit, zu der viele ihr Mittagessen vorzogen. Erst einmal ging es hoch in das dritte Obergeschoss des Franziskanerklosters. Dort kommt man schon normalerweise gar nicht hin, nur mit einem Spezialschlüssel fährt der Aufzug auch bis ganz nach oben. Nach dem Gang durch einen langen Flur ist der Blick ins Depot erst einmal ganz unspektakulär. Denn man sieht nur eine Wand grauer Archivrollschränke. Diese stammen aus der alten Arnold-Fabrik. Werner Beckers, lange Jahre der gute Geist des Museums, machte es möglich, dass die Schränke bei der Stilllegung der Fabrik, in der er wiederum früher tätig war, nicht verschrottet wurden, sondern dem Museum zur Verfügung gestellt wurden.

Als Dr. Unger dann mit Hilfe der Räder den ersten Regalgang öffnete, entpuppt sich der Schatz unter dem Dach. Antike Scherben, irdenes Gebrauchsgeschirr, aber auch edle Fayencen stehen hier. Vieles davon sind Scherbenfunde aus der Zeit der Altstadtsanierung, bei anderen wiederum handelt es sich um Schenkungen von Bürgern. Im Depot ist alles gut geschützt und ordentlich inventarisiert.

Früher waren diese Dinge im Keller des Museums an verschiedenen Plätzen deponiert - ohne jegliche Ordnung oder genaue Inventarisierung, erzählt Dr. Unger. Das ganze Geschirr musste übrigens nach den Kellerjahren erst einmal sorgfältig gespült werden. Das war eine Aufgabe, an die sich die Putzfrauen des Hauses angesichts des Wertes nicht wagten. Also griff Dr. Unger selbst zu Spülschwamm und Abtrocktuch. Das Zusammenstellen im Depot wurde auch noch zum Puzzlespiel. Es galt, Teile eines kompletten Services wieder zusammen zu fügen. Ein einzelnes kleines Pfännchen konnte nicht zugeordnet werden, bis sich herausstellte, dass es zum Warmhalten der Teekanne auf dem Stövchen diente.

Bei solchen Erläuterungen kamen sofort Erinnerungen bei den Besuchern auf. Eine erinnerte sich, dass ein ähnliches Pfännchen, gefüllt mit abgebranntem Torf oder einem Holzscheit in einem Weidenkorb, für wohlige Wärme im Kinderbett sorgte. Andere interessierten sich für die Stempel auf den "Bartmännchen" genannten Kannen. Diese wurden durch einen Negativstempel noch vor dem Brand angebracht und blieben so später fest mit dem Geschirr verbunden, so die Fachfrau.

Bei der Führung zeigte sie auch Arbeiten, die sie im Moment beschäftigen. Beim Abriss des alten Kreistagesgebäudes, vor Beginn des Neubaus des Klosterhofes, konnten in der Baugrube Scherben gesammelt werden. So hat sie ganze Teile von Essgeschirr auf ihrem Tisch liegen. Das glasierte Kreuz auf den Tellern mag ein Hinweis auf die Mönche im Kloster sein, mutmaßt sie. Auf jeden Fall weiß sie, dass solche Keramik im 18. Jahrhundert im Westerwald hergestellt wurde. Auch fand sich aus dem gleichen Zeitraum ein für den niederrheinischen Gebrauch typischer Teller oder auch ein Tongefäß, mit dem man Speisen warm halten konnte. Ein Krug, zerbrochen in viele Einzelteile, ist von ihr gerade wieder vorläufig zusammengefügt worden. Denn alle Teile werden von einem Restaurator noch einmal sorgfältig geprüft und mit Spezialmitteln geklebt. Sie nutzt einfaches Ponal. Denn sie sucht ja erst einmal nach der ursprünglichen Form der gefundenen Scherben. Und Ponal, so der Tipp der Fachfrau, lässt sich ohne Probleme rückstandslos wieder entfernen, ohne Glasur und Ton zu beschädigen. Da ist sie auch schon mittendrin in einer kleinen Sachkunde über verschiedene Glasurarten und die verwendeten Farben. Alle sind nicht ungefährlich in ihren Bestandteilen, und so wurden Töpfer in den vergangenen Jahrhunderten nicht sehr alt, erzählt sie. Die Stadt Köln habe die Töpfer bereits frühzeitig aus der Stadt verbannt.

Die Besucher, die aus Kempen und Krefeld kommen, haben sich meist spontan zum Besuch entschlossen. Alle kamen schnell miteinander ins Gespräch. Eine Besucherin meinte abschließend, so etwas wie diese Depot-Führung sollte es doch häufiger geben.

(sr)
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