Kreis Viersen Schnupperprobe für Fachkräfte von morgen

Kreis Viersen · Bereits zum achten Mal soll die Aktion "Check in Berufswelt" Schülern der Klassen 9 bis 13 erste Kontakte für die anstehende Berufswahl ermöglichen. Betriebe aus der Region sind aufgerufen, teilzunehmen - schon aus Eigennutz.

 Gruppenbild mit Kampagnen-Fahrzeug (v. l. n. r.): Jürgen Steinmetz (Hauptgeschäftsführer IHK), Sergio Olmo Jimenez und Laura Rußler (Auszubildende und Check-in-Leitmotive), Wolfgang Draeger (Agentur für Arbeit Mönchengladbach/Neuss), Petra Pigerl-Radtke (IHK), Susanne Feldges (Wirtschaftsförderung Mönchengladbach), Sandra Krey und René Krohnen (Assistentin Geschäftsleitung bzw. Ausbildungsleiter technisch bei Tölke & Fischer).

Gruppenbild mit Kampagnen-Fahrzeug (v. l. n. r.): Jürgen Steinmetz (Hauptgeschäftsführer IHK), Sergio Olmo Jimenez und Laura Rußler (Auszubildende und Check-in-Leitmotive), Wolfgang Draeger (Agentur für Arbeit Mönchengladbach/Neuss), Petra Pigerl-Radtke (IHK), Susanne Feldges (Wirtschaftsförderung Mönchengladbach), Sandra Krey und René Krohnen (Assistentin Geschäftsleitung bzw. Ausbildungsleiter technisch bei Tölke & Fischer).

Foto: Check in Berufswelt

Jürgen Steinmetz googelt mal eben "seltene Ausbildungsberufe" - und findet oben in der Liste den "Steinmetz". Damit hat der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein die Lacher auf seiner Seite. Zeigt aber zugleich exemplarisch auf, worum es bei der Aktion "Check in Berufswelt" geht: Jugendlichen einen niederschwelligen Zugang zu ausbildungswilligen Firmen zu verschaffen und ihnen Berufsbilder näherzubringen. Besonders jene, die eben nicht so sehr im Fokus stehen.

Denn: "60 Prozent der Jugendlichen konzentrieren sich traditionell auf die Top 10 der Ausbildungsberufe", weiß Wolfgang Draeger, Geschäftsführer operativ der Arbeitsagentur Mönchengladbach/Kreis Neuss. Denen droht ein Fachkräftemangel dann noch am wenigsten. Es gibt aber mehr als 350 weitere - darunter so abseitige wie den Schädlingsbekämpfer, aber auch äußerst zukunftsträchtige wie Fachinformatiker oder Berufe der Gesundheits- und Pflegebranche, die bisher nur wenig nachgefragt werden. "Für 27 Prozent der Unternehmen am Mittleren Niederrhein sind fehlende Fachkräfte bereits ein Entwicklungshemmnis. Vor fünf Jahren waren es nur 17 Prozent", sagt Steinmetz. Und Susanne Feldges von der MGconnect-Stiftung der Wirtschaftsförderung fügt an, dass "deutschlandweit 25 Prozent der Firmen schon überhaupt keine Bewerbungen mehr bekommen". All dem soll "Check in Berufswelt" entgegenwirken, das bereits zum achten Mal stattfindet. 18 Initiatoren aus den Städten Mönchengladbach und Krefeld sowie den Kreisen Viersen und Neuss investieren pro Jahr mehr als 100.000 Euro in die für die Teilnehmer und Firmen kostenfreie Aktion. Angesprochen sind Schüler aller Schulformen aus den Stufen 9 bis 13. Im vergangenen Jahr nahmen 4650 Jugendliche aus 31 Schulen sowie 230 Unternehmen mit 200 Ausbildungsberufen und Studiengängen teil. Dieses Jahr sollen es noch deutlich mehr Teilnehmer auf beiden Seiten werden, die sich gegenseitig ein erstes Mal "beschnuppern". Idealerweise gelingt es den Jugendlichen dadurch, ihre Berufswünsche klarer zu definieren und einen Aha-Effekt zu erleben. "Wer hätte etwa gedacht, dass man bei der Sparkasse Krefeld eine Ausbildung zum Koch machen kann?", sagt Thomas Feldges vom Check-in-Organisationsbüro in Meerbusch.

Dass das Instrument durchaus wirksam sein kann, zeigt sich immer wieder - große Unternehmen aus der Region wie 3M, Scheidt & Bachmann oder Santander spiegeln an die Organisatoren immer wieder zurück, dass über Schnupperpraktika Jugendliche den Einstieg in ihre Betriebe schaffen. "Der Charme liegt nicht zuletzt aber auch darin, dass man ohne Noten Zugang zu den Unternehmen bekommt", sagt Feldges. "Und darin, dass man auch mal ohne negative Konsequenzen feststellen kann, dass ein bestimmter Beruf vielleicht auch einfach nichts für einen ist", sagt Draeger. Zwei, die über "Check in Berufswelt" den Weg in ihr heutiges Unternehmen gefunden haben, sind Laura Rußler und Sergio Olmo Jimenez. Die 20-Jährige begann nach ihrem Abitur im Sommer eine Ausbildung zur Automobilkauffrau beim Autohaus Tölke & Fischer in Krefeld, der 18-Jährige begann seine Ausbildung als Kfz-Mechatroniker dort mit 16 und wird im Sommer sein zweites Lehrjahr abschließen.

"Ich kann gerade Gymnasien nur empfehlen, an der Aktion teilzunehmen", sagt Rußler. "Man hat dort in der Regel nur wenige Möglichkeiten, sich beruflich zu orientieren. Viele wissen dann nicht, wohin mit sich, und studieren einfach das Übliche wie BWL". Auch das sei einer der Auslöser für den gegenwärtigen "Akademisierungswahn", heißt es aus der Runde. Indes: "Auch ein Studium führt am Ende zu einem Beruf, und eine Ausbildung kann ein wunderbares Fundament für ein Studium sein", sagt Susanne Feldges.

In Mönchengladbach ist die Aktion am 26. Juni, im Kreis Viersen am 27. Juni, in Krefeld am 28. Juni und im Rhein-Kreis am 29. Juni - drei Wochen vor den Sommerferien also. Betriebe aller Größen sind eingeladen, sich bis zum 15. April über das Organisationsbüro oder über www.checkin-berufswelt.de anzumelden. Die 18 Initiatoren weisen Unternehmen darauf hin, dass die Aktion keine Massenveranstaltung ist. "Leben Sie damit, wenn nur wenige Jugendliche kommen", sagt Susanne Feldges, an teilnehmende Firmen gerichtet. "Aber das sind dann die, die wirklich interessiert sind."

(RP)
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