Kreis Viersen Schockstarre weicht erst langsam

Kreis Viersen · Die Mitglieder der etablierten Parteien im Kreis Viersen debattierten auch gestern noch eifrig das Ergebnis der Bundestagswahl. Für die Abgeordneten beginnt nun die Arbeit in Berlin - unter geänderten Vorzeichen.

 Uwe Schummer, direkt gewählter Bundestagsabgeordneter für den Kreis Viersen, geht in seiner fünfte und letzte Amtszeit.

Uwe Schummer, direkt gewählter Bundestagsabgeordneter für den Kreis Viersen, geht in seiner fünfte und letzte Amtszeit.

Foto: Schlesinger

Es war ein politisches Erdbeben, das die Republik erschütterte. CDU und SPD hatten bei der Bundestagswahl am Sonntag ihr jeweils schlechtestes Ergebnis in der Nachkriegszeit erreicht. Beide Parteien - auch die SPD - hatten viele Wähler an die Alternative für Deutschland (AfD) verloren. Für den Kreis Viersen fällt die Bilanz der beiden großen Parteien nicht so verheerend aus wie in anderen Teilen des Landes.

"Es ist am Ende noch einmal glimpflich ausgegangen", meinte der SPD-Bundestagsabgeordnete Udo Schiefner gestern im Gespräch mit der Rheinischen Post. Der 58 Jahre alte Kempener meinte damit das Abschneiden seiner Partei im Kreis Viersen, wo traditionell der Bundestagswahlkreis von den CDU-Kandidaten gewonnen wird. Schiefner musste am Sonntag bis gegen Mitternacht zittern, bis feststand, dass sein Platz elf auf der Landesliste der SPD in Nordrhein-Westfalen, reichte, um in die zweite Legislaturperiode im Bundestag für die Sozialdemokraten zu gehen. Allerdings sind die Vorzeichen nun andere: Die SPD will nicht mehr Teil einer Großen Koalition mit der CDU/CSU sein. Dass sich die Sozialdemokraten in der Opposition an Haupt und Gliedern erneuern und die Rolle der stärksten Oppositionspartei im Bundestag nicht der AfD überlassen wollen, hielt Schiefner bereits am Wahlabend für den richtigen Weg.

 Kay Gottschalk zieht über die AfD-Liste in den Bundestag ein.

Kay Gottschalk zieht über die AfD-Liste in den Bundestag ein.

Foto: AfD

Von Neuwahlen hält der Kempener, der auch Kreisvorsitzender seiner Partei ist, genauso wenig wie der zum fünften Mal direkt gewählte Bundestagsabgeordnete für den Kreis Viersen, Uwe Schummer. Der 59 Jahre alte CDU-Politiker aus Willich ist der Meinung, dass sich jetzt die demokratischen Kräfte im Bundestag zusammenraufen müssten. Er hält ein Bündnis aus CDU/CSU, FDP und Grünen (Jamaika-Koalition) für realisierbar, auch wenn es sicherlich bei den Gesprächen der Parteien um eine Regierungsbildung ein zähes Ringen um die eigenen Positionen geben werde. Aber Neuwahlen würden doch nur der AfD weitere Wähler, die bisher den etablierten Parteien ihre Stimme gegeben haben, in die Arme treiben. Politische Beobachter im Kreis Viersen hoffen indes, dass sich die Rechtspopulisten alsbald im Berliner Politik-Betrieb selbst zerlegen werden.

Uwe Schummer, der seit 2002 dem Bundestag angehört, geht übrigens ziemlich gelassen in seine fünfte Amtszeit als Bundestagsabgeordneter. Der Willicher wird im November 60 Jahre alt - ein Alter, bei dem viele Menschen darüber nachdenken, beruflich allmählich kürzer zu treten. Schummer hatte im Vorfeld seiner erneuten Nominierung als CDU-Kandidat für die Bundestagswahl dem Kreisvorstand seiner Partei bereits angekündigt, dass dies seine letzte Wahlperiode sein werde. Aber da will der ehemalige Leichtathlet zunächst noch einmal durchstarten. Schummer strebt den Vorsitz des bedeutenden Gesundheitsausschusses im Bundestag an. Sollte das nicht klappen, würde er alternativ gerne die Rolle des sozialpolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion übernehmen - eine Position, die Schummers Vorgänger Julius Louven aus Kempen über viele Jahre sehr erfolgreich ausgefüllt hatte. Entsprechende Vorüberlegungen mit den niederrheinischen CDU-Kollegen und der NRW-Landesgruppe in der Union seien bereits angestellt worden, berichtete Schummer im Gespräch mit der Rheinischen Post. Es deutet also nichts darauf hin, dass Schummer in seiner letzten Amtszeit eine ruhige Kugel in Berlin schieben will. Ganz im Gegenteil: Er wirft seine politische Erfahrung parteiintern in die Waagschale.

Welche Rolle der neue AfD-Abgeordnete Kay Gottschalk im Bundestag spielen wird, ist dagegen unklar. Im Kreis Viersen ist er kaum bekannt, hat in Nettetal zwar einen Wohnsitz, war aber auch am Wahlabend in seiner Heimatstadt Hamburg. Bei den etablierten Parteien im Kreis Viersen wird die AfD als rechtspopulistisch abgelehnt. Dass Schummer und Schiefner den Kontakt zu Gottschalk suchen, ist undenkbar. Gleichwohl werden die beiden wiedergewählten Abgeordneten sich - wie bisher - für das Wohl der Bürger im Kreis Viersen einsetzen. So viel ist sicher: Sie haben sehr gute Arbeit geleistet und werden auch weiterhin ihr Bestes geben.

(RP)
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