Stadt Kempen Schützen klagen über Nachwuchsmangel

Stadt Kempen · Das Freizeitverhalten der jungen Leute hat sich verändert. Wenn der Vater nicht die Schützenuniform getragen hat, ist es schwer, den Nachwuchs für das Brauchtum zu begeistern.

 Heinz-Gerd Plenker von den Blauen Husaren: "Das Freizeitverhalten hat sich verändert."

Heinz-Gerd Plenker von den Blauen Husaren: "Das Freizeitverhalten hat sich verändert."

Foto: Baum

Glaube-Sitte-Heimat, das sind für das Schützenwesen Bestandteile ihres Leitgedankens. Das Brauchtum wird jedoch immer mehr von der Realität eingeholt. Es wird nämlich gerade in den ländlichen Bereichen immer schwieriger, Nachwuchs zu bekommen. Junge Leute, deren Väter sich nicht die Uniform übergezogen haben, sind kaum für das Schützenwesen zu begeistern. Von jüngeren Königs-Anwärtern oder Nachwuchskräften in der Vorstandsarbeit ganz zu schweigen.

Verliert das Schützenwesen immer mehr an Bedeutung? Obwohl dies die großen Bruderschaften und Vereine, so aus Schiefbahn und Willich, vehement verneinen, sieht dies anderenorts ganz anders aus. "Das Freizeitverhalten der jungen Leute hat sich verändert. Sicherlich gibt es noch junge Leute, für die traditionsgemäß die Landjugend, die Feuerwehr oder der Schützenverein im Ort wichtig ist, aber die gehen immer mehr zurück", sagt Heinz-Gerd Plenker, der die "Blauen Husaren" in Kempen seit 1972 als Brudermeister anführt. Es komme fast nichts mehr nach.

Der 65-jährige Plenker spricht unter anderem die Nachwuchsprobleme an, die auch zuletzt wegen fehlendem Nachwuchs zur Auflösung der zuvor bereits fusionierten St.- Marien- und St.-Michaelis-Bruderschaft sowie der Grünen Husaren geführt hätten. "Wir müssen um jedes neue Mitglied kämpfen, haben auch eine Lücke bei den Kindern und Jugendlichen", sagt ferner der 1. Brudermeister der Schmalbroicher Stefanus-Bruderschaft, Georg Lange. Ein wenig besser sehe dies bei den 18- und 19-Jährigen aus. "Natürlich können wir auch für die Vorstandsarbeit jüngere Leute immer gebrauchen, die auch später einmal die Arbeit fortsetzen", ergänzt der 52-Jährige, der sich dennoch mit seinen Mitstreitern auf das diesjährige Schützenfest vom 3. bis 10. Juni freut.

Neue Wege geht die von Alfred Kopp angeführte St. Johannes Bruderschaft in Schiefbahn-Niederheide. Obwohl es einige Widerstände gab, dürfen jetzt auch Mädels (ab 16) und Damen als offizielle Mitglieder bei der katholischen Bruderschaft mitmachen und bei den Schützenfesten mitmarschieren. In Anrath ist dies ebenfalls schon lange möglich. Bei anderen Bruderschaften ist es strikt durch Satzung verboten. Es gibt sogar, so unter anderem in Vorst, spezielle Junggesellen-Bruderschaften, die ihre "besseren Hälfte" zwar zu den Tanzbällen mitnehmen. Die werden aber nur "geduldet", dürfen auf keinen Fall offizielles Mitglied werden.

"Auch wir müssen uns was einfallen lassen, es ist nicht einfach", sagt der Chef der St. Sebastianus-Bruderschaft Anrath, Christian Lüpertz. Auch dort fehle der Unterbau, obwohl es besondere Aktionen oder so von den Schwarzen Husaren mal ein Sommerfest gegeben hatte. Froh ist man daher schon über jede einzelne Gruppe, die sich bildet - so wie einige Jugendliche, die in der neuen "Meistergruppe" mitmachen. Und etwas stolz ist Lüpertz darauf, dass erstmals mit Natascha Oerschkes eine Schützenkönigin dem diesjährigen Heimatfest vorsteht.

"Über Nachwuchs können wir uns eigentlich nicht beklagen", meinte hingegen voller Optimismus der Präsident des Allgemeinen Schützenvereins (ASV) Willich, Willi Stennes. So könnten bereits sechsjährige Kinder bei der Vogelträgergruppe und später dann bei den Armbrustträgern mitmachen. Etwa 165 der insgesamt 1018 Schützen seien 25 Jahre und jünger. Und in diesem Jahr gäbe es sogar mit "De Willicker" und "Lot ma stonn" zwei neue Züge. Stennes wünscht sich aber auch mehr jüngere Leute im Vorstand.

(wsc)
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