Rami Ali ist Europameister Der boxende Friseur aus Kempen

Kempen · Profiboxer Rami Ali betreibt seit sieben Jahren in Kempen einen eigenen Friseursalon. In Krefeld wurde er jetzt Europameister. Bei einem weiteren Sieg winkt im Herbst ein WM-Kampf.

 Bereits in der dritten Runde schickte Rami Ali seinen Gegner Haris Calakovic auf die Bretter.

Bereits in der dritten Runde schickte Rami Ali seinen Gegner Haris Calakovic auf die Bretter.

Foto: rami

"Waschen, schneiden, föhnen, legen" - es sind vier Worte, mit denen Rami Ali seinen Beruf in aller Kürze vorstellen kann. Eins davon kann er auch auf sein zweites berufliches Standbein übertragen: Legen nämlich. Rami Ali ist nicht nur Friseurmeister, sondern auch Boxer, und als solcher pflegt er seine Gegner regelmäßig zu legen - auf den Ringboden. Zuletzt gelang ihm dies in Krefeld: Im Kaya Plaza benötigte er drei Runden, um Haris Cakalovic derart zu vermöbeln, dass der Ringrichter auf technischen K.o-Sieg entschied. Seitdem ist der boxende Friseur sogar Europameister.

Es ist nun 13 Jahre her, dass der in Kuwait City geborene Libanese nach Deutschland auswanderte. In Kempen wurde er heimisch, hier fand er einen Job, nachdem er im Libanon bereits eine Ausbildung zum Friseur erfolgreich abgeschlossen hatte. Und vor sieben Jahren eröffnete er dann seinen eigenen Salon. Im My Style an der Rabenstraße in der Kempener Innenstadt ziert ein Ankündigungsplakat seines Kampfes um Europas Box-Krone im Cruisergewicht die Türe zu den Personalräumen. Das ist die Gewichtsklasse unmittelbar unter dem Schwergewicht, also der Königsklasse im Boxen, und die Kämpfer dort dürfen bis zu 200 englische Pfund auf die Waage bringen - das sind bis zu 90,72 Kilo.

 An der Rabenstraße in der Kempener Innenstadt betreibt Rami Ali seit sieben Jahren den Friseursalon My Style. Seine Kunden dürfen manchmal auch beim Haare schneiden seine Gürtelsammlung bestaunen.

An der Rabenstraße in der Kempener Innenstadt betreibt Rami Ali seit sieben Jahren den Friseursalon My Style. Seine Kunden dürfen manchmal auch beim Haare schneiden seine Gürtelsammlung bestaunen.

Foto: Prümen

Rami Ali ist seinerzeit über Freunde an den Kampfsport gekommen. Käfig- und Kickboxen hat er früher mal betrieben, "bis dann mein Trainer festgestellt hat, dass ich eine starke Faust habe. Darum hat er mir auch geraten, dass ich mich doch aufs Boxen konzentrieren soll. Damit würde er mich sogar zum Profi machen können", erzählt Ali. Das war 2013, und seitdem hat er eine Profilaufbahn eingeschlagen, als zweites Standbein neben dem Friseursalon.

Zehn Profikämpfe hinter sich

 So gewann er die Europameisterschaft im Cruisergewicht.

So gewann er die Europameisterschaft im Cruisergewicht.

Foto: ali

24 Boxkämpfe hat der 35-Jährige inzwischen bestritten, zehn davon als Profi. Von den Letztgenannten hat er neun gewonnen, und acht Mal hat er dabei seinen Gegner sozusagen frisiert, sprich: per Knock-out vorzeitig auf die Bretter gelegt. Und die einzige Niederlage war eine hauchdünne, lediglich mit einem Punkt hatten ihn die Wertungsrichter seinerzeit hinten gesehen - sonst würde er eine makellose Kampfbilanz aufweisen. "Am liebsten kämpfe ich gegen türkische Boxer", erzählt Ali. "Die haben in der Regel immer unheimlich viele Fans mit dabei. Da ist in der Halle eine super Stimmung. Das macht dann gleich doppelt Spaß." Auch er selbst hat inzwischen eine kleine Fangemeinde. Ins Kaya Plaza begleiteten ihn gut 130 Fans, viele davon sind seine Kunden, die sonst zum Haare schneiden kommen.

Auf sein EM-Gefecht in Krefeld hatte sich der 35-Jährige, der den aggressiven, offensiv ausgelegten Kampfstil des früheren Schwergewichtsweltmeisters Mike Tyson bewundert und nachahmt, zwei Monate lang intensiv vorbereitet. Zwei Tage in der Woche ging's früh aus dem Bett, um vor der Arbeit noch zu joggen. Dann ab in den Salon und anschließend ab ins Auto. Täglich hat Ali in dieser Zeit im Masters-Gym in Duisburg trainiert, jeden Abend anderthalb Stunden Boxtraining heruntergetrommelt, um auch fit zu sein, falls der Kampf tatsächlich über die zwölf Runden, auf die er eigentlich angelegt war, auch gehen würde.

Ging er aber nicht, weil sein Haris Calakovic schon vorzeitig auf die Bretter musste. In der dritten Runde hatte Rami Ali einen linken Haken ausgepackt, der sich gewaschen hatte. Mit voller Wucht traf er damit den Serben am Kopf, der daraufhin zu Boden ging und angezählt wurde. Zwar rappelte er sich wieder auf, doch schon Sekunden später schlug Alis rechter Haken ein - diesmal blieb der 24-Jährige am Boden. Der Ringrichter brach den Kampf ab - Sieg durch technischen K.o., und der Europameistertitel gehörte Rami Ali.

Im kommenden April nun will er seinen nächsten Kampf bestreiten, die Vorbereitung darauf will er in den kommenden Tagen starten. Gegen wen steht allerdings noch nicht fest, sondern lediglich der Kampfort, nämlich Duisburg. Dieser Kampf, zugleich seine erste Titelverteidigung, kann ziemlich maßgebend sein für die weitere boxerische Laufbahn des Libanesen. "Wenn ich gewinne, werde ich in diesem Jahr um die Weltmeisterschaft kämpfen", berichtet er. Im Herbst soll der Kampf dann steigen, und dann will sich der boxende Friseur den nächsten Titel holen.

(RP)
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