Stadt Kempen Stadtarchiv zieht wohl mit nach Dülken

Stadt Kempen · Bei der Frage, ob Kempen wieder ein eigenständiges Archiv bekommt, wenn das Kreisarchiv in den geplanten Neubau nach Dülken umzieht, deutet sich ein klares Votum dagegen ab. Ein neues Stadtarchiv würde über eine Million kosten.

Die Entscheidung soll bis zur politischen Sommerpause fallen. Aber die Vorzeichen sind schon jetzt klar. Spätestens als Kempens Bürgermeister Volker Rübo in der letzten Ratssitzung Mitte März dieses Jahres bereits mündlich eine entsprechende Anfrage der SPD-Stadtratsfraktion beantwortet hatte, musste jedem Interessierten klar sein: Wenn das Kreisarchiv aus der Kempener Burg in den geplanten Neubau nach Dülken umzieht, wird das Kempener Stadtarchiv mit dorthin übersiedeln.

Die Stadt hatte mit Unterstützung des Kreises Viersen Kosten für ein eigenes Stadtarchiv ermitteln lassen. Das Projektbüro Assmann, das im Auftrag des Kreises das neue Kreisarchiv plant, hat in einer ersten groben Schätzung Baukosten für ein neues Stadtarchiv in Höhe von 1,1 bis 1,5 Millionen Euro ermittelt. Darin nicht enthalten sind Kosten für den Ankauf eines Baugrundstücks. Auch Kosten für den Betrieb eines eigenen Stadtarchivs - inklusive der erforderlichen Gehälter fürs Fachpersonal, das neu eingestellt werden müsste, - wurden berechnet: Sie würden sich auf jährlich etwa 200.000 Euro (15.000 Euro für den Betrieb und 185.000 Euro fürs Personal) belaufen.

Politisch scheint die Sache inzwischen erledigt, auch wenn die eigentliche Diskussion des Themas jetzt erst bevorsteht. Für die nächste Sitzung des Kulturausschusses am Dienstag, 30. Mai, hat Bürgermeister Volker Rübo eine umfangreiche Beratungsvorlage erstellt, mit der sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen der Betreuung des Stadtarchivs durch das Kreisarchivs als auch die Kosten für Bau und Betrieb eines eigenständigen Stadtarchivs beleuchtet werden.

Neubau und Betrieb eines Stadtarchivs in Eigenregie "wären mit erheblichen Kosten verbunden", so der Bürgermeister. "Demgegenüber ist die weitere Verwahrung und wissenschaftliche Auswertung der Archivalien des Stadtarchivs aufgrund des Depositalvertrages mit dem Kreis unentgeltlich. Der Kreis hat bestätigt, dass der Stadt Kempen auch künftig keine Kosten entstehen werden", so Rübo in seiner Vorlage für den Kulturausschuss. Auch Kosten für die Verwaltung jüngeren Archivgutes (ab 1970) durch den Kreis - dafür zahlen die kreisangehörigen Städte und Gemeinden anteilig eine entsprechende Umlage - fallen an. Dafür hat Kempen im vergangenen Jahr rund 15.000 Euro an den Kreis bezahlt. Diese Umlage müsste weiterhin bezahlt werden, wenn Kempen sein Stadtarchiv künftig wieder in Eigenregie betreiben würde.

Der Bürgermeister schlägt daher vor, den Vertrag mit dem Kreis zur Betreuung des Kempener Stadtarchivs - er wurde 1984 abgeschlossen - nicht zu kündigen. Die Stadt soll von der Politik beauftragt werden, mit dem Kreis ein Konzept zur weiteren Digitalisierung der Archivbestände auszuhandeln. Vorrangiges Ziel ist es dabei, Bestandteile des Stadtarchivs für interessierte Nutzer auch in Kempen zugänglich zu machen. Außerdem könnten, so Rübos Vorschlag, von den für die Stadtgeschichte wichtigen mittelalterlichen Urkunden Kopien für eine Dauerausstellung im Kramer-Museum angefertigt werden.

Der vom Bürgermeister vorgeschlagene Weg ist plausibel. Angesichts der grob kalkulierten Kosten wäre ein neues eigenständiges Stadtarchiv Luxus, zumal die Politik erst kürzlich den Ankauf von drei an der Schorndorfer Straße noch zu bauenden Bürogebäuden als neue Verwaltungsnebenstelle beschlossen hat. Das Projekt wird wohl rund 8,25 Millionen Euro kosten. Weiteres Geld für ein neues Stadtarchiv ist da wahrlich nicht drin. Dies scheint auch die Politik in Kempen begriffen zu haben. Die Sozialdemokraten als Hauptbefürworter eines eigenständigen Stadtarchivs haben sich zuletzt zu dem Thema gar nicht mehr öffentlich geäußert, SPD-Fraktionschef Andreas Gareißen sprach es auch in seiner Haushaltsrede nicht an. In der Kempener CDU hat man ebenso längst abgewunken wie bei den Liberalen und Grünen. Die Entscheidung soll nach Beratung im Kulturausschuss am 30. Mai und im Haupt- und Finanzausschuss - er tagt am 13. Juni - in der nächsten Sitzung des Stadtrates am 27. Juni fallen. Sie scheint klar.

(RP)
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