Gesund Und Fit Thema Ernährung: Ist weniger mehr?

Kempen · Hier ein Stückchen Kuchen, dort ein paar Häppchen und dann das Feierabendbier - keine Frage: in unserer Überflussgesellschaft, fällt es häufig schwer, das richtige Maß zu finden. Gerade in NRW gibt es nach den tollen Tagen aber besonders viele Menschen, die den Verzicht üben. So erlebt die traditionelle Fastenzeit derzeit eine Renaissance. "Es geht nicht unbedingt darum, komplett auf feste Nahrung zu verzichten. Sinnvoll ist vor allem, eines oder mehrere Genussmittel wegzulassen", erklärt der Ernährungsmediziner Dr. Oliver Schmidt Osterkamp, Ärztlicher Direktor des Hospitals zum Heiligen Geist und Chefarzt der Inneren Medizin, Schwerpunkt Gastroenterologe. Wer also sechs Wochen lang auf Fleisch, Süßigkeiten, Alkohol und Nikotin verzichte, tue sich definitiv etwas Gutes. "Ich halte die Fastenzeit in diesem Sinne für absolut sinnvoll. So kann man sich jede Detox-Kur sparen", pflichtet auch die Ernährungstherapeutin und Diabetesberaterin des Hospitals, Patricia Kruse, bei.

 Dr. Oliver Schmidt Osterkamp ist Ärztlicher Direktor des Kempener Hospitals zum Heiligen Geist.

Dr. Oliver Schmidt Osterkamp ist Ärztlicher Direktor des Kempener Hospitals zum Heiligen Geist.

Foto: Hospital

Dabei, hier sind sich die Experten einig, führt das Fasten in erster Linie zu einem bewussten Verzicht - und der tut nicht nur dem Körper gut, sondern auch der Seele. "Wir trainieren die eigene Willensstärke und achten bewusster darauf, was und wie viel wir zu uns nehmen bzw. was wir weglassen", resümiert Dr. Oliver Schmidt Osterkamp. Und wer tatsächlich sechs Wochen lang beispielsweise auf überflüssiges Fett oder Zucker verzichtet, der entwöhnt seinen Körper, sodass er möglicherweise auch nach der Fastenzeit davon ablassen kann.

Zu viel erwarten, sollte man von der kurzfristigen Enthaltsamkeit allerdings nicht. Denn wer grundsätzlich gesünder und fitter leben möchte, müsse auf eine dauerhafte Ernährungsumstellung setzen, so die Experten. Aus medizinischer Sicht ist es zwar lobenswert, für einen begrenzten Zeitraum zu verzichten, einen langfristigen gesundheitlichen Effekt hat dies aber nicht.

Dennoch: "Die Fastenzeit kann sicher auch als Sprungbrett hin zu einem gesünderen Lebensstil dienen", weiß der Küchenleiter des Hospitals, Andreas Pontius. Ernährungsphysiologisch komme es beim Speiseplan besonders darauf an, keinen Mangel entstehen zu lassen. Fasten, im Sinne von Heilfasten oder dem kompletten Verzicht auf feste Nahrung, halten die Experten für gefährlich. "Aus medizinischer Sicht macht das schlichtweg keinen Sinn", so Dr. Schmidt Osterkamp. Denn: Wir enthalten unserem Körper somit wichtige Nährstoffe vor und verlieren Energie. Der Schlüssel zum Erfolg sei vielmehr eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse, Kartoffeln, weniger Fleisch, Zucker und Alkohol, erklärt Andreas Pontius, wobei viele Menschen in der Fastenzeit zunächst komplett auf Fleisch, Süßigkeiten und das Feierabend-Bier oder Wein verzichten. Um Heißhunger-Attacken vorzubeugen, können kleine Portionen an Obst oder Rohkost über den Tag verteilt, hilfreich sein.

In der Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern kann weniger also durchaus mehr sein.

(RP)
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